In einer Bußgeldsache habe ich von der Allrecht die Deckungszusage für die Verteidigerkosten sowie einen Vorschuß auf das zu erwartende Honorar angefordert. Und zwar die Grundgebühr, die Verfahrensgebühr und eine Erledigungsgebühr. Dies habe ich mit folgenden Ausführungen begründet:
Ich bin dabei davon ausgegangen, dass das Ermittlungsverfahren eingestellt wird, ohne dass es zur Abgabe der Sache über die Staatsanwaltschaft an das zuständige Amtsgericht kommen wird. Insoweit habe ich die Erledigungsgebühr nach 5115 VV angesetzt.
Kommt es jedoch nicht zur Einstellung, bin ich bereits jetzt schon mit der weiteren Verteidigung im gerichtlichen Verfahren beauftragt. Dann fielen “ statt der Gebühr nach 5115 VV “ die Gebühren nach Teil 5, Abschnitt 1, Unterabschnitt 3 des VV zum RVG an, die die Gebühr nach 5115 VV überstiegen. Sie erhalten dann zur gegebener Zeit eine korrigierte Zwischenabrechnung.
Darauf reagiert die Allrecht mit folgendem Text:
… in dieser Angelegenheit können wir Ihre Rechnung nicht in voller Höhe ausgleichen.
Aufgrund einer Gesamtschau aller Kriterien des § 14 RVG sind die Verteidigergebühren in alltäglichen Bußgeldverfahren wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten in den unteren Bereich des jeweiligen Gebührenrahmens einzuordnen.
Deshalb halte wir Gebühren von 75,00 EUR und 90,00 EUR für angemessen, wobei wir Ihren anwaltlichen Ermessensspielraum berücksichtigt haben.
Einmal davon abgesehen, daß der Versicherer es noch nicht einmal für nötig hält, wenigstens mit einem klaren Satz die begehrte Deckungszusage zu erteilen, ist liegt Reaktion nicht nur sprachlich völlig daneben. Welche Gebühren er nun zahlen will und welche nicht und was er nun in concreto zahlen wird – auch darüber schweigt man sich aus. Erstmal kürzen, der Rest ist egal.
Ich zitiere in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Amtsgericht Darmstadt (Urt. v. 27. 06. 2005, 305 C 421/04), das in einem vergleichbaren Fall dem (einem anderen?) Versicherer mit folgenden Worten die Leviten gelesen hat:
Der Rechtsanwalt kann einen Vorschuß auch auf solche Gebühren verlangen, deren Berechnungsvoraussetzungen erst im weiteren Verlauf der zu erwartenden anwaltlichen Tätigkeit vorliegen.
Der Sinn der Vorschrift [§ 9 RVG] besteht nämlich gerade darin, erst zu erwartende und im späteren Verlauf des Verfahren entstehenden Kosten bereits im Zeitpunkt der Auftragserteilung gehend machen zu können. Sonst könnte die bezweckte Sicherungsmöglichkeit der anwaltlichen Ansprüche nicht ausgeschöpft werden. Die Wirkung des § 9 RVG erstreckt sich deshalb stets auch auf Gebühren, deren Berechnungsvoraussetzungen erst im weiteren Verlauf der zu erwartenden anwaltlichen Tätigkeit vorliegen werden.
Die Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt gemäß Â§ 14 Abs. 1 RVG. Die Beklagte verkennt den Sinn der Vorschrift, indem sie sich selbst ein Ermessen einräumt. Diese These wird allein schon durch den unmissverständlichen Wortlaut der Regelung untergraben. Dort steht ausdrücklich ein ausschließliches Bemessungsrecht des Rechtsanwalts nach seinem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzellfalles, …
Da mir das Verhalten dieses Versicherers aus anderen Fällen bereits „bestens“ bekannt ist, habe ich auf eine weitere Diskussion mit den Sachbearbeitern verzichtet und sie nur zu Erläuterung ihrer Entscheidung anhand der zitierten Entscheidung aufgefordert. Ich bin gespannt, was denen wieder als Ausrede einfällt, mit der sie sich um ihre Zahlungsverpflichtung zu drücken versuchen.
Den Versicherungsnehmer wird’s nicht wirklich freuen, daß er einerseits seit Jahren seine Prämien an den Laden zahlt, andererseits dann doch auf dem Großteil der Verteidigerkosten sitzen bleibt.
Diese Entscheidung zitiere ich in meinem Standardanschreiben auch. Das hat zuletzt weder die Württembergische noch die Allrecht davon abgehalten mir sinngemäß mitzuteilen, für den Anfall der Gebühr nach 5115 VV oder nach Teil 5, Abschnitt 1, Unterabschnitt 3 nichts ersichtlich sei. Sobald ich eine Einstellung bzw. die Terminsladung vorgelegt hätte, werde man selbstredend die weiteren Gebühren zahlen. Hilft nur: Klagen!
[…] Ich hatte über das mysteriöse Verhalten der Schadensabteilung bei der Allrecht bereits berichtet. Diesen Bericht hat die Allrecht auch erhalten. Nun erhalte ich folgende rätselhafte Reaktion des Versicherers: … in obiger Angelegenheit haben wir Ihr Schreiben erhalten und teilen Ihnen folgendes mit: […]