In einer Bußgeldsache geht es um die Fahrerlaubnis des Mandanten. 17 Punkte im Verkehrszentralregister und den ADAC als Rechtsschutzversicherer. In erster Instanz wurde der Mandant verurteilt, die Konsequenz daraus wäre die Eintragung eines weiteren Punkts in das Register. Dies wäre dann das Ende seiner Berufstätigkeit als Kraftfahrer.
Ich habe dem Mandanten vom Verlauf der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht berichtet:
„Allerdings ist damit die Sache noch nicht zu Ende. Dem Richter sind ein paar Fehler unterlaufen, die mit ein wenig Glück zur Aufhebung seines Urteils durch das Rechtsmittelgericht führen könnten. So hat ihm […] keine schriftliche Vollmacht von Ihnen vorgelegen. Ohne diese Vollmacht hätte er aber nicht in Ihrer Abwesenheit verhandeln dürfen. Zudem hat er Sie eigentlich nicht, zumindest nicht ausdrücklich von Ihrer Pflicht zum persönlichen Erscheinen in dem Termin am 20.9.05 entbunden, so daß er grundsätzlich nicht ohne Sie hätte verhandeln dürfen. Hier könnte also eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegen. „
Ich habe binnen Wochenfrist die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt und zugleich vom ADAC die Deckungszusage für die weitere Verteidigung erbeten. Der Versicherer hat reichlich Kopien aus meiner Handakte erhalten, insbesondere auch mein Schreiben an den Mandanten mit dem obigen Text. Die Sachbearbeiterin Frau A. reagiert darauf mit folgendem Schreiben:
„… von Ihren Ausführungen haben wir Kenntnis genommen.
Im konkreten Fall sind die strengen Voraussetzungen des § 80 OWiG anzuwenden. Aus den uns vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich, wie diese Voraussetzungen erfüllt werden sollten.
Es ist nicht ersichtlich, daß das rechtliche Gehör versagt wurde oder daß hier das Urteil nachgeprüft werden muß, um eine Fortbildung des Rechts zu erreichen.
Kostenschutz für die Rechtsbeschwerde kann derzeit nicht erteilt werden. Wir bitten um Stellungnahme. „
Frau A. fordert mit anderen Worten also eine zusätzliche kostenlose Fortbildungsveranstaltung in Sachen Zulassungsrechtsbeschwerde. Dabei steht doch eigentlich alles in meinem Mandantenschreiben drin, was die Sachbearbeiterin da von mir erbittet. Also: Entweder sie hat es nicht gelesen oder eben nicht verstanden. Vielleicht erklärt es ihr ja der Abteilungsleiter – ich habe Frau A. darum gebeten, ihm den Fall vorzulegen.
Also, bei allem angebrachten Verständnis, Herr Kollege, ist es vielleicht besser wenn Verkehrsteilnehmer wie ihr Mandant zumindest eine „Auszeit“ gegönnt wird. Und m.E. hat dies nicht trotz, sondern ganz besonders wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Person zu gelten.
Wer seinen Lebensunterhalt damit verdient auf deutschen Strassen unterwegs zu sein, sollte sich vielleicht auch darüber im Klaren sein, welche Konsequenzen verkehrsrechtliche Verstöße haben können. Derjenige bei dem das nicht der Fall ist, stellt eine Gefährdung für die Allgemeinheit dar.
Auch wenn der hier oft gescholtene ADAC mal wieder nicht glücklich handelt, so ist es im Ergebnis vielleicht besser, wenn ihr Mandant einen ordentlichen Schuss vor den Bug bekommt. Bei dem Punktekonto könnte man nämlich getrost zu dem Schluss kommen, dass ihr Mandant die im Verkehr erforderliche Zuverlässigkeit grade _nicht_ besitzt.
Ich verstehe die Kritik des Vorredners nicht. Wir sind Strafverteidiger, nicht die Straßenverkehrsbehörde. Unsere Aufgabe ist es, mit allen legalen Mitteln die Interessen des Mandanten zu verteidigen, nicht die der Allgemeinheit oder der „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“.
Und schon gar nicht darf man vom Punktestand auf den Charakter schließen. Gerade als Kraftfahrer kann sich das Punktekonto schnell füllen, ohne einen der Klassiker (Geschwindigkeit, Sicherheitsabstand, Rotlicht) zu begehen.
Was meinen Sie, wie schnell sie im Schwertransport (Auflage verletzt) oder Ladungssicherheit (ein spanngurt zu wenig, einen Keil vergessen, etc.) ihren Punktestand in astronomische Höhen treiben können.
Sofern Sie einmal eine Ausnahmegenehmigung zu lesen bekommen haben (vergessen Sie nicht das Kleingedruckte in den 87 Seiten Anlagen, denn auch dort sind Auflagen versteckt bzw. können sich widersprechende Auflagen ergeben) oder wirklich antizipieren können, was der jeweilige Dekra-Sachverständige für eine ausreichende Ladungssicherung im konkreten Transport für erforderlich hält, wissen Sie, was ich meine.
Aber das ist hier auch gar nicht das Thema. Der Kollege Hoenig hat Mängel im Verfahren entdeckt. Damit sind die Grundsätze des fairen Verfahrens, auf die jeder Angeklagte/Betroffene (vom Falschparker bis zum gemeinen Mörder) einen grundrechtlich geschützten Anspruch hat.
Und selbstverständlich muß der ADAC bei einer Gehörsrüge, die abweichend vom §§ 80 und 80a OWIG bei Vorliegen die Zulassung der Rechtsbeschwerde zwingend nach sich zieht, Deckungsschutz erteilen.
Ich sehe schon den weiteren Streit mit dem Versicherungskonz….., äh dem Automobilclub auf den Kollegen zukommen. Denn nach seiner Schlderung ist nämlich eine Abrechnung oberhalb der Mittelgebühr angemessen. Jedenfalls würde ich so abrechnen.
Ich hoffe, der Kollege Hoenig schildert hier, was die Münchner einwenden werden: alltägliche Ordnungswidrigkeit? Unterdurchschnittlicher Umfang?