Der Roland und die Eckkneipe in Neukölln

Der Roland überweist:

Dieser gewaltige Betrag ist die Umsatzsteuer auf die Aktenversendungspauschale.

Wenn wir Ermittlungsakten zugesandt bekommen, berechnet uns dafür die Staatsanwaltschaft bzw. die Justizkasse 12 Euro. Das sind Verfahrenskosten, die der Rechtsschutzversicherer zu erstatten hat.

Kein Thema, jedenfalls für die allermeisten Versicherer. Wir bitten regelmäßig darum, diese Pauschale direkt an die Kasse zu zahlen und gut ist’s.

Beim Roland geht das nicht. Dieser Versicherer macht seit Jahren ein Heidentheater um diese Pauschale. Statt den für alle Beteiligten einfachen Weg zu gehen, überweist der Versicherer die 12 Euro an uns. Oder noch „besser“: Er schreibt uns einen langen Brief und teilt mit, daß diese Pauschale in einer vor Monaten bereits geleisteten Zahlung enthalten gewesen sein soll.

Wenn uns diese Zahlung – auf welchem Wege auch immer – zufließt, müssen wir darauf die 19 % Umsatzsteuer erheben, eben jene 2,28 Euro. Also müssen wir dem Roland (als Vertreter unseres Mandanten) eine neue Rechnung mit der Steuer schreiben und der Versicherer überweist dann – der Roland manchmal auch erst nach ein, zwei Mahnungen – den Kleckerbetrag.

Mit der Berechnung, Buchung, Mahnung, Aufschreibung … haben sich dann bis zur Erledigung drei bis vier erwachsene Menschen beschäftigen müssen.

Man könnte fast glauben, beim Roland sitzen Betriebswirte, die sich beim Rechnen in demselben Zustand befinden wie ein Gast morgens früh um fünf in einer Neuköllner Eckkneipe.

Update
(und zur Kenntnisnahme durch unsere Neuköllner Freunde):

BGH, Urteil vom 06.04.2011 “ Az.: IV ZR 232/08:

2. Die Inrechnungstellung der vom Rechtsanwalt verauslagten Aktenversendungs-pauschale unterliegt nach § 10 Abs. 1 UStG der Umsatzsteuer. Es liegt insoweit kein durchlaufender Posten i.S. von § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG vor.

3. Die auf die Aktenversendungspauschale entfallende Umsatzsteuer zählt deshalb zur gesetzlichen Vergütung des Rechtsanwalts, die der Rechtsschutzversicherer seinem Versicherungsnehmer nach §§ 1, 5 (1) Buchst. a der Allgemeinen Bedin-gungen für die Rechtsschutzversicherung (hier ARB 2002) zu erstatten hat.

5 Responses to “Der Roland und die Eckkneipe in Neukölln”

  1. anonymisiert sagt:

    … oder dahinter steckt die – hier offensichtlich irrige – „betriebswirtschaftliche“ überlegung, dass ein Anwalt, der schon die 12.- Teuro erhalten hat, wegen der restlichen 2,28 Teuro nicht so einen Aufwand treiben und auf diese „Peanuts“ lieber verzichten wird. 😉

  2. anonymisiert sagt:

    @RA Melchior:

    Wenn sich eine solche (naheliegende?) Vermutung empirisch belegen lassen würde, könnte man auch mal bei der BAFin vorstellig werden.

  3. anonymisiert sagt:

    @RA Melchior: Na Gottseidank sind Anwälte meist noch sturer als sie betriebswirtschaftlich agierend sind 😀

  4. anonymisiert sagt:

    … die Versicherer sollten sich mal eine HIS-Datei bezüglich der Anwälte zulegen. Dann würden sie diese und andere Mätzchen nämlich mit den „sturen“ Anwälten nicht mehr machen …

  5. anonymisiert sagt:

    […] ein wenig Umsatzsteuer, […]