Eine angebliche Geschwindigkeitsüberschreitung hat man dem Mandanten vorgeworfen. Etwas mehr als 40 km/h innerorts zu schnell. Dafür sieht der Bußgeldkatalog 200 Euro Geldbuße vor, es gibt 4 Flens und einen Monat Fahrverbot. Ermittelt wurde die Geschwindigkeit durch eine Weg-Zeit-Messung, deren Richtigkeit die Polizeibeamten regelmäßig bestätigen.
Der Mandant wandte sich zunächst an seinen Rechtsschutzversicherer, an den Roland.
Der freundliche Mitarbeiter des Versicherers konnte dem Mandanten auch einen richtigen Rat geben: Er möge sich an einen Anwalt wenden. Und dem Mandanten wurde gleich auch der Namen und die Telefonnummer eines Roland-Vertragsanwalts mitgeteilt.
Dieser Vertragsanwalt erkannte anhand der Eckdaten recht schnell, daß die „Messung“ kaum erfolgreich angreifbar ist. Polizeibeamte sind als Zeugen im Ordnungswidrigkeitenverfahren quasi „unkaputtbar“. Wegen mangelnder Erfolgsaussichten riet der Vertragsanwalt des Roland dem Mandanten auch davon ab, weiter gegen den Bußgeldbescheid vorzugehen.
Der Mandant holte sich eine zweite Meinung über Erfolgsaussichten ein und schrieb uns eine eMail. Am Ende erhielten wir den Auftrag, weil wir ihm einen Erfolg quasi garantieren konnten.
Der Vertragsanwalt hatte zwei wesentliche Punkte nicht abgefragt: Die Punkte des Mandanten bzw. deren Tilgungs- und Löschungsfrist. Und den Zeitpunkt seines Auslands-Urlaubs.
Wir werden nun durch das Rechtsmittelverfahren erreichen, daß die neuen Punkte den Ablauf der Löschungsfrist der Voreintragungen nicht hemmen. Am Ende wird der Mandant die erwähnten vier Punkte in Flensburg haben und nicht die 12, die er gehabt hätte, wenn er dem Rat des Vertragsanwalts gefolgt wäre.
Und: Der Mandant wird das Fahrverbot absitzen können, während er im sonnigen Süden am Strand liegt und dort ohnehin kein Auto fahren wollte.
Ein netter Versuch des Rolands und seines (sic!) Anwalts: Man versucht zu sparen, wo man kann.
Ich gehe nicht davon aus, daß der Kollege dem Mandanten wider besseres Wissen falsch beraten hat. Aber eine fundierte Aus- und Fortbildung läßt sich eben nicht von den Dumpingpreisen finanzieren, für die diese Sorte von Anwälten die Interessen des Versicherers wahrnehmen. Und dann passieren eben solche groben Fehler.
Ich rate nicht dazu, daß alle Versicherungsnehmer des Roland nun unsere Kanzlei mit der Verteidigung beauftragen. Aber ich rate dringend davon ab, Vertragsanwälte von Versicherern zu mandatieren, ganz einfach, weil sie meiner Ansicht nach nicht einseitig die Interesse des Mandanten vertreten (können). Das Beispiel zeigt, wo so etwas enden kann.
kann aber auch passieren, bei direkter Kontaktaufnahme einer Kanzlei ohne RS-Vertrag.
Leider gibt es keine Qualitätsstandards bzw. Mandaten Empfehlungsportale – was auch schwer wäre, da jeder Fall anders gelagert ist.
„Wir werden nun durch das Rechtsmittelverfahren erreichen, daß die neuen Punkte den Ablauf der Löschungsfrist der Voreintragungen nicht hemmen.“
Darf man erfahren wie?
logischerweise kann das ja nur so klappen dass die Rechtsmittel die Eintragung der Punkte verhindern und erst später rechtskräftig werden wenn alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind.
Und in der Zeit laufen alte Punkte aus weil er x Monate ohne neue Punkte geschafft hat.
Bitte mich korrigieren falls ich falsch liege 🙂
Hallo,
geht denn das? Ich dachte, die Punkte in Flens bleiben 1 Jahr nach Ablauf der Tilgungsfrist in der sog. überliegefrist hängen, so dass gerade solche Fälle eben nicht durch Verschleppung im Rechtsmittelverfahren „rausfallen“?!?!
@Helmut und Gast:
Das Thema Tilgungs- und überliegefristen ist nicht ganz einfach; man muß sich damit schon etwas beschäftigen, wenn man eine effektive Verteidigung liefern möchte.
Wer sich ein wenig oberflächlich mit der Problematik auseinander setzen will, dem sei diese Mandanten-Information unserer Kanzlei ans Herz gelegt.
„… dem sei diese Mandanten-Information unserer Kanzlei ans Herz gelegt.“ So z.B. dem „Roland-Syndicus“? 😉
Liebe Kollegen,
hier geht es doch nicht um die Rechtssache mit den Tilgungsfristen. Den wesentlichen Kern, auf den der Herr Kollege aufmerksam machen will, ist der politische Kern. Die Rechtsschutzversicherer, die einen Rechtsanwalt empfehlen, empfehlen diesen, um Kosten zu sparen, d.h. in erster Linie, dass dieser weniger abrechnet. Dass hierbei auch im Interesse der Kostensparung von weiteren Rechtsverfolgungsmaßnahmen abgeraten werden soll, würde eine Rechtsschutzversicherung natürlich niemals öffentlich zugeben. Es ist jedoch auch nicht auszuschließen.
Wir Rechtsanwälte erkennen offenbar immer noch nicht, worum es geht. Die Rechtsschutzversicherungen versuchen gezielt, Mandanten auf ihre Kanzleien zu steuern, um uns Rechtsberatungsbedarf zu entziehen. Wenn diese Kanzleien, auf die die Rechtsschutzversicherer steuern, dann eine Abhängigkeit von der Versicherung erreicht haben, dann werden dort die Preise neu gemacht. Dies stellt eine tatsächliche Unterwanderung dar….
@Nilsibabe:
… und genau aus diesem Grunde habe ich über diesen Fall berichtet.
Wenn man eine wirklich unabhängige Beratung bzw. Verteidigung braucht, sollte man sich nicht von einem de-facto-abhängigen Anwalt vertreten lassen.
Und nach meinem Gefühl können Vertragsanwälte der Versicherer nicht unabhängig sein; im besten Falle sind sie Diener zweier Herren. Einen dieser Herren müssen sie im Konfliktfall eben verraten.
Vielleicht sollten sich diese Herrschaften einmal den § 203 StGB genauer ansehen …
Die Rechtsschutzversicherer haben eben ein derartig großes Potential der Mandantensteuerung, dass da teilweise mehrere Arbeitsplätze in Kanzleien dranhängen… und das weiss der Rechtsschutzversicherer. Schade nur, dass unsere Interessensvertreter dieses bunte Treiben so beobachten, was wohl daran liegen mag, dass diese selbst ihre dortigen „Anteile“ schon vor langem gesichert haben…
diese Erfahrung haben wir nach meinem Unfall im vergangenen Jahr auch gemacht. Uns wurde ein Anwalt empfohlen, bei dem wir sehr schnell merkten der handelt nicht in unserem Interesse.
Bei Gericht sass der nur mit einem grinsen im Gesicht rum und hat nichts gemacht.
Das Ende war, wir wurden von der Gegenseite fertig gemacht, obwohl ich nicht 100% am Unfall schuld war. Der Richter entschied gegen uns, weil von unserem Anwalt nichts kam.
Selbst den Widerspruch gegen meinen Ordnungswiderigkeitsbescheid sollten wir selbst machen. Irgendwann hat der es doch gemacht.
Und die Krönung es wurde scheinbar versäumt dem Gericht mitzuteilen das wir eine Rs-Versicherung haben.
Wir hatten nur Ärger mit dem. Da hätten wir uns selbst vertreten können.