Kein Vorschuss in Höhe der Mittelgebühr

In OWi-Sachen gibt es bekanntlich immer Probleme mit der Mittelgebühr, weil die Rechtschutzversicherer die Höhe des Bußgeldes als Bemessungskriterium heranziehen. Die Masse der Bußgeldsachen sind Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern zwischen 40,- und 100,- EUR. Rechtschutzversicherer stufen dies gerne als unterdurchschnittlich ein, weil es rein theoretisch ja auch Bußgeldverfahren mit bis zu 5.000,- EUR Geldbuße gibt (was ich in 10-jähriger Praxis noch nie erlebt habe).

Meine Gegenreaktion war bisher die, dass ich nach Bestellung im Vorverfahren, meist verbunden mit Einlegung eines Einspruches, einen Vorschuss in Höhe der Mittelgebühr gefordert habe. Vorschüsse kann man bekanntlich in voller Höhe der zu erwartenden Gebühren fordern. Gleichzeitig kündige ich an, nach Beendigung des Mandates über den Vorschuss abzurechnen, so wie das meine Pflicht ist.

Kommt dann eine niedrigere Zahlung, so fordere ich vollen Ausgleich der Vorschussnote und kündige an, das Mandat niederzulegen, wenn die Vorschussnote nicht in voller Höhe beglichen wird. Dazu bin ich zweifelsohne berechtigt. Des weiteren weise ich den Rechtschutzversicherer vorsorglich darauf hin, dass der Mandant nach meiner Mandatskündigung sich zweifelsfrei einen neuen Anwalt suchen kann und dass dieser Anwalt dann wieder die Gebühren in voller Höhe verlangen kann, so dass der Rechtschutzversicherer am Ende eventuell doppelt zahlen muss.

Ein Sachbearbeiter der Hamburg-Mannheimer (nicht Herr Kaiser) meint nun, den Stein der Weisen gefunden zu haben und teilt mir folgendes mit: „Fraglich ist dann jedoch, ob Ihre Tätigkeit bis zur Mandatskündigung für Ihren Mandanten überhaupt von Interesse war. Sollte dies nicht der Fall sein, bestünde möglicherweise ein Rückforderungsanspruch in Form eines Schadenersatzanspruches.“

Das schlägt gleich mehreren Fässern den Boden aus! Ist der fristwahrend eingelegte Einspruch etwa wertlos, nur weil man danach mangels Vorschuss das Mandat kündigt? Und seit wann dürfen Rechtschutzversicherer eventuelle Schadenersatzansprüche des Mandanten für sich beanspruchen?

Man kann nur feststellen, dass Rechtschutzversicherer das Recht offenbar beliebig verdrehen, wenn es der Wunsch nach Einsparungen erfordert.

Thomas Scheffler
-Rechtsanwalt-

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