Als Anwälte kennen wir das täglich:
Der Mandant kommt mit seinem Problem und winkt mit einer Beitragsrechnung seiner Rechtsschutzversicherung. „Ich bin versichert, ich habe rundum Versicherungsschutz; Ihre bestimmt sehr hohen Gebühren werden von meiner Rechtsschutzversicherung übernommen!“
Sein Problem können wir wahrscheinlich lösen, es fällt in unser Spezialgebiet. Aber die Rechtschutzversicherung? Also gucken wir uns die Beitragsrechnung an. Irgendeine nichtssagende Bezeichnung wie „Privatrechtsschutz“ und ein recht hoher Betrag zzgl. Versicherungssteuer, den die Versicherung sich jährlich bezahlen läßt.
Früher, als die Kühe bekanntlich noch größere Köpfe hatten, war alles einfacher. Da waren die Bedingungen der Versicherer ziemlich einheitlich, heute strickt sich jeder seine eigenen Bedingungen. Also bräuchte man die Versicherungsbedingungen, die der Besucher weder dabei hat noch wirklich aus seinen Unterlagen heibeikramen möchte. Ist ja wirklich nur eine Lapalie, klebte an der Police. Der was? Ach sone Bedingungen kennt der Anwalt nicht? Nicht auf Lager? Wie, es gibt je Versicherer auch noch unterschiedliche Fassungen? Alte und neue?
Kaum einer schickt den Auftraggeber zu dem, der ihm jährlich die Prämie abknöpft und bietet an, die Deckungszusage einzuholen. Ist ja nur ein Schreiben, kaum der Rede wert. Natürlich per Telefax. Soll ja schließlich schnell gehen. Ja, ja – die Versicherer haben ja einen Telefaxanschluß. Mittlerweile nicht zum Ortstarif, sondern mit 01805- Nummern. Aber auch daran soll es nicht scheitern.
Während man darüber nachdenkt, ob das wohl ein versichertes Risiko ist, wird der Mandant ob des sinnierenden Anwaltes mißtrauisch: „Wie, Sie arbeiten nicht mit meiner Rechtschutzversicherung zusammen, sind Sie zu teuer?“
„Nein, natürlich nicht, für Sie arbeiten wir zu den gesetzlichen Bedingungen, wir rechnen nach dem RVG ab , aber …“ Wie erkläre ich ihm, daß der Fall in den meisten mir bekannten Bedingungen nicht versichert ist und der Rechtschutzversicherer nur bezahlt, wenn ein Klageverfahren anhängig gemacht werden soll, für das außergerichtliche Verfahren aber nichts zahlt?
Er versteht es nicht! Er hält mich für einen Lügner oder Drückeberger. Der Versicherungsvertreter (wenn ich ihn je treffe, erschlage ich ihn mit den nichtssagenden Ablehnungsschreiben der Versicherer) hat ihm doch versichert, daß er gegen alle Eventualitäten versichert ist. Rundumschutz. Alles was Recht ist, das kann ja wohl nicht sein!
Der Versicherer kassiert seine Prämie und wir erklären dem Versicherungsnehmer, warum das von ihm bezahlte Geld in diesem konkreten Fall nutzlos ist? Er hat doch die Versicherung noch nie in Anspruch genommen!!!!
Nun, ich habe Verständnis für die Kollegen, die grundsätzlich für jeden Mandanten eine Rechtschutzanfrage abschicken, auch wenn sie noch so sinnlos ist. Bei der Gelegenheit: Tatsächlich gewähren Versicherer ab und zu – wohl wegen Arbeitsüberlastung – auch Versicherungsschutz, wo kein Versicherungsfall gegeben ist.
Also erklären wir dem Klienten, daß der Rechtschutzversicherer als Gegenleistung für die Zahlungen des Versicherungsnehmers zu prüfen hat, ob ein Versicherungsfall vorliegt und die notwendigen Erfolgsaussichten gegeben sind und dann die Kosten übernimmt. Wie erwartet kommt das Ablehnungsschreiben, daß im Interesse aller Versicherten keine Leistung gewährt werden könne. Der Versicherer bekommt die Prämie und wir bekommen nichts dafür, daß wir dem Versicherungsnehmer erklären müssen, warum eben nicht alles versichert ist.
Oder es kommt die Deckungszusage. Hurra, endlich einmal eine schnell reagierende Rechtsschutzversicherung! Von berufswegen mißtrauisch lese ich das Schreiben sorgfältig. Deckung wird gewährt, im Rahmen der mir nicht bekannten Versicherungsbedingungen. Weiter lese ich, daß die Klageerhebung in mein Ermessen gestellt wird und für eine erfolgversprechende Klage die Kosten getragen würden. Ob, oder ob nicht, soll ich entscheiden.
Offensichtlich hat diese Versicherung ihre Leistung, für die sie bezahlt wird, nicht erbracht. Es ist ihre Aufgabe zu prüfen, ob die notwendigen Erfolgsaussichten bestehen. Will sie von mir das Geld zurück, wenn sie später meint, meine Einschätzung sei falsch gewesen?
Dieses Blog gibt den Versicherungsnehmern die Möglichkeit, sich über das Regulierungsverhalten seiner Rechtsschutzversicherung zu informieren. Nach meiner Erfahrung sind es immer dieselben Versicherer. Es liegt an uns, den Versicherungsnehmer – unseren – Mandanten darüber zu informieren, daß ihm regelmäßig ein außerordentliches Kündigungsrecht im Versicherungsfall zusteht. Einige Versicherer übersenden ihren Versicherungsnehmern eine Mitteilung über die Höhe der an uns gezahlten Beträge. Die meisten Mandanten sind erstaunt, daß der Gutachter ein vielfaches unserer Gebühren für sein Gutachten in Unfallsachen erhält. Es liegt an uns, den Mandanten über das Regulierungsverhalten seiner Rechtschutzversicherung zu informieren.
Das mußte ‚mal geschieben werden.
Andreas Jede
Rechtsanwalt