Der Berliner Rechtsanwalt Julius Bosche hat eine Vorschußforderung gegen den DAS gerichtlich durchgesetzt. Nachdem er Klage erhoben hatte, zahlte der Versicherer und der Rechtsstreit war erledigt. Man stritt sich dann noch darum, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg „verurteilte“ den DAS in die Kosten, weil der DAS den angeforderten Vorschuß mit einer nicht haltbaren Begründung verweigert hatte:
Von einem „Tätigkeitsbericht“ konnte die Beklagte ihre Leistung nicht abhängig machen, da der Anspruch des Rechtsanwalts auf Zahlung des Vorschusses mit dem Zustandekommen des Anwaltsvertrages entsteht.
Ist doch eigentlich ganz einfach: If Anwaltsvertrag, then Vorschuß!
Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg, Beschluß vom 29.10.2007, 5 C 424/07
Der Anwalt hat allenfalls die Kriterien des § 14 RVG darzulegen, und zwar auch nur dann, wenn die Mittelgebühren nicht ausreichen, um den Aufwand in der Rechtssache angemessen zu vergüten.
Mal abgesehen davon, dass es schon ausreichen kann, die Bedeutung der Angelegenheit anzusprechen (z.B. drei Monate Fahrverbot und 375,00 € Buße), von einem Tätigkeitsbericht findet sich in § 14 RVG keine Silbe.
Und wenn wegen einer Vorschußforderung (§ 9 RVG) ein Tätigkeitsbericht angefordert wird, für eine Tätigkeit, die erst noch künftig zu leisten ist (also noch nichts über konkrete Tätigkeiten berichtet werden kann), dann ist dieser fromme Wunsch der SB selbsterklärender Unsinn.
„Mal abgesehen davon, dass es schon ausreichen kann, die Bedeutung der Angelegenheit anzusprechen (z.B. drei Monate Fahrverbot und 375,00 € Buße),“
Genau dieser Fall verbunden mit der Problematik einer nicht korrekten Anzeige des Messgeräts, einer fehlenden Bedienungsanleitung und der Angabe einer falschen Messtelle im Messprotokoll ist gerade für die BGV nachdem das Verfahren vom Gericht nunmehr wegen Verjährung eingestellt wurde, Grund die abgerechneten Mittelgebühr nicht zu bezahlen.
In der Begründung wird im wesentlichen folgendes ausgeführt:
in vorbezeichneter Angelegenheit nehmen wir Bezug auf Ihr Schreiben vom 23.06,2008. Ihre Kostennote erscheint uns leider überhöht.
Zunächst muss der weite Bußgeldrahmen berücksichtigt werden. Dieser betrifft Fälle mit Bußgeldern von EUR 40,– bis EUR 5.000,–. Das verhängte Bußgeld bewegt sich im unteren Bereich des Rahmens. Folgerichtig können auch die anfallenden Rechtsanwaltsgebühren nur im unteren Bereich des jeweiligen Gebührenrahmens angesetzt werden. Der pauschale Ansatz der Mittelgebühr verbietet sich im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil ansonsten kein Raum mehr bliebe für die angemessene Vergütung des Rechtsanwalts bei Bußgeldern im oberen Bereich des angesprochenen Rahmens (AG Karlsruhe vom 22.09.2006 – 3 C 300/06; AG Albstadt vom 07.03.2005 – 5 C 946/04; AG Brandenburg an der Havel vom 0)4.10.2005 – 26 Owi 11/05; AG Bühl vom 07.11.2006 – 7 C 127/06).
Des weiteren handelte es sich um eine alltägliche Verkehrsordnungswidrigkeit. Auch dies ist im Rahmen des § 14 I RVG zu berücksichtigen. Es liegt ein verkehrsrechtliches Bußgeldverfahren mit Massencharakter vor, welches sowohl rechtlich, als auch tatsächlich und wirtschaftlich als unterdurchschnittlich einzustufen ist. Bei derartig alltäglich massenhaft vorkommenden Verkehrsordnungswidrigkeitssachen ist eine im unteren Bereich des jeweiligen Gebührenrahmens liegende Gebühr angemessen (vgl. beispielsweise AG Achern vom 14.07.2005 – 1 C 79/05; AG Albstadt vom 07.03.2005 – 5 C 946/0)4; AG Stuttgart vom 17.03.2006 – 10 C 8503/05; AG Bühl vom 07.11.2006 – 7 C 127/06).
Mal als Frage eines Studenten:
Wird neben der Bedeutung des Verfahrens für den Beschuldigten auch auf den Umfang der Sache abgestellt? Dafür ist doch auch der Gebührenrahmen da, oder?
@ Malte S.
Die Antwort lautet : Ja.
Aber das war nicht das Problem, sondern die „Vorlage eines Tätigkeitsberichts“.
Wie die Information zu gestalten ist, das ist Fallfrage. In der Regel reicht da schon die Zuleitung der Verfahrenskorrespondenz in Copie, was sich dann anzeigt, wenn der Fall aufwändiger wird.
Und der Gag war der, dass anscheinend Tätigkeitsberichte eines Hellsehers gewünscht wurden (Stichwort: Vorschuß).
„Des weiteren handelte es sich um eine alltägliche Verkehrsordnungswidrigkeit. Auch dies ist im Rahmen des § 14 I RVG zu berücksichtigen. Es liegt ein verkehrsrechtliches Bußgeldverfahren mit Massencharakter vor, welches sowohl rechtlich, als auch tatsächlich und wirtschaftlich als unterdurchschnittlich einzustufen ist. Bei derartig alltäglich massenhaft vorkommenden Verkehrsordnungswidrigkeitssachen ist eine im unteren Bereich des jeweiligen Gebührenrahmens liegende Gebühr angemessen (vgl. beispielsweise AG Achern vom 14.07.2005 – 1 C 79/05; AG Albstadt vom 07.03.2005 – 5 C 946/0)4; AG Stuttgart vom 17.03.2006 – 10 C 8503/05; AG Bühl vom 07.11.2006 – 7 C 127/06).“
Gleich mehrfach die Posse vom „alltäglichen“ und „massenhaften“. Und die Auffassung vom AG Achern ist tatsächlich weltbewegend :-)…
„Zunächst muss der weite Bußgeldrahmen berücksichtigt werden. Dieser betrifft Fälle mit Bußgeldern von EUR 40,“ bis EUR 5.000,“. Das verhängte Bußgeld bewegt sich im unteren Bereich des Rahmens. Folgerichtig können auch die anfallenden Rechtsanwaltsgebühren nur im unteren Bereich des jeweiligen Gebührenrahmens angesetzt werden.“
Nach meiner Auffassung ist das unzutreffend: Tatsächlich ist die Höhe des konkreten Bußgeldes wegen der Dreiteilung des Gebührentatbestandes in 5101, 5103, 5105 ohne Belang für die Höhe der konkret angemessenen Gebühr: Der Gesetzgeber hat dieses Kriterium durch drei unterschiedliche Gebührenrahmen bereits abschließend berücksichtigt. Die Höhe wäre sonst jedenfalls an Bußgeldern wegen vergleichbarer Sachverhalte (also aus dem Verkehrsrecht) zu messen und damit nicht auffallend niedrig.
@RA Witopil: Vielen Dank. Bei dem Tätigkeitsbericht hab ich ja schon selbst die Widersinnigkeit bemerkt. Man liest nur häufig Antworten von RSVen, die alleine aufgrund des zu erwartenden Bußgeldes die Gebühr senken (wollen), obwohl es um hochkomplexe Probleme geht. Deshalb meine Nachfrage.