über ein besonders merkwürdiges Verhalten zur Frage der Erfolgsaussichten eines Rechtsstreites berichtet Rechtsanwalt Tilman Winkler aus der Kanzlei der Rechtsanwälte Knodel und Winkler Partnerschaft in 79341 Kenzingen:
Eine Klage einer Mandantin wurde in erster Instanz abgelehnt, die Mandantin erteilte nach Prüfung und Bejahung der Erfolgsaussichten Mandat für die Berufung. Die Rechtsschutz Union legte Bedenken dar, verweigerte die Deckungszusage und verwies auf den Stichentscheid.
Ein ausführliches Gutachten unter Berücksichtigung aller Aspekte des Falles, aller Bedenken der Rechtsschutzversicherung und ausführlicher Berücksichtigung der Literatur und Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen wurde angefertigt und der Rechtsschutz Union übersandt. Im Gutachten wurden Erfolgsaussichten der Berufung bejaht und die Berufung dann auftragsgemäß eingelegt.
Die unmittelbare Reaktion der Versicherung bestand in einem patzigen Satz, wonach man dort weiter keine Erfolgsaussichten sehe und zudem darauf verwies, daß Anwaltshaftungsansprüche auf den Versicherer übergehen. Soweit so gut.
Auf die Rechnung für das Gutachten antwortete die Rechtsschutz Union mit folgendem (vollständig) wiedergegebenen Schreiben:
„wir danken für Ihre Nachricht. Wir können Ihrem Auftraggeber nicht empfehlen das mangelhafte Gutachten zu vergüten.“
Die Versicherung hat nach den ARB die Kosten des Gutachtens zu tragen und hierauf sogar im Ausgangsschreiben selbst hingewiesen. Es darf daher schon einigermaßen verwundern, daß die Rechtsschutz Union meint, sich hier vollständig weigern zu können und dazu noch ohne jede sachliche Begründung ein umfassendes Gutachten als mangelhaft bezeichnet.
Es gibt also auch bei der Rechtsschutz Union nicht nur Licht, wie es die Eintragungen im Forum vermuten lassen, sondern einen besonders dunklen Schatten!
Vielleicht war das Gutachten nur deswegen mangelhaft, weil es von der Rechtsansicht des Sachbearbeiters abweicht. Und vielleicht hilft hier ein weiteres Mandat: Mandant ./. Rechtsschutz Union. Mit ein wenig Glück wird die Sache dann jemandem vorgelegt, der sich mit den Bedingungen des Versicherers auskennt.
Das System mit dem Stichentscheid habe ich sowieso nicht verstanden. Der einzige Grund scheint wohl darin zu liegen, einen Anwalt wegen des Gutachtens später in Regreß zu nehmen.
Sinnvoller erscheint mir die sofortige Erhebung der Deckungsklage.
Nach LG Köln ZfS 86, 336 und LG Koblenz ZfS 81, 178 ersetzt die Deckungsklage den Stichentscheid nicht. Das dürfte bedeuten, daß die Deckungsklage unzulässig ist, wenn auf den Stichentscheid verwiesen wurde! Es steht ja ein „einfacherer“ Weg zur Verfügung. Wie viel einfacher dies in der Praxis ist, zeigt ja meine Erfahrung…
Der Stichentscheid ist keine notwendige Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Deckungsklage (vgl. Haarbauer § 18 Rdnr 10 und § 17 Rdnr 10 mit Verweis auf OLG Köln, r+s 88, 334, OLG Frankfurt VersR 84,857 etc.).
Abgeleitet wird dies aus dem Wort „kann“, mit dem der Stichentscheid in den verschiedenen ARB angeboten wird. Kann ist eben nicht muss.
Außerdem wäre es seltsam, wenn vertragliche Regelungen, die von einem Vertragspartner einseitig vorgegeben werden, über die Zulässigkeit einer zivilrechtlicher Klage entscheiden würden.
Die Union hat sich erneut bei uns gemeldet und um eine Rechnung aus dem dort für maßgebend gehaltenen Gegenstandswert gebeten und nach Verweis auf die bereits seit Wochen vorliegende Berechnung dann die Gebühren beglichen.
Warum so umständlich?