Besser doch nicht rechtschutzversichert?

Es gab eine Zeit, in der sich Anwälte freuten, wenn der Mandant seine Rechtschutzkarte zückte. Die legendären AdvoCard-Werbespots mit Schauspieler Manfred Krug verkörpern diese Goldene Ära. Vorbei! Seit das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) am 01.07.2004 die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) ablöste, wird das Verhältnis zwischen Anwälten und Rechtschutzversicherungen zunehmend frostiger. Heute wäre es Anwälten oft lieber, der Mandant wäre nicht rechtschutzversichert. Warum?

Diese Frage stellen und beantworten die Rechthaber, vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl, in einem höchst lesenswerten Beitrag.

Einmal mehr wird von – unabhängigen – Anwälten auf die Gefahr hingewiesen, die von einem Auftrag an einen Anwalt ausgeht, der von einem Rechtsschutzversicherer empfohlen wird oder – noch gefährlicher – der mit einem Versicherer feste Gebührenabreden getroffen oder gar Provisionen vereinbart hat.

7 Responses to “Besser doch nicht rechtschutzversichert?”

  1. anonymisiert sagt:

    Dem kann ich mich nur anschließen.

  2. anonymisiert sagt:

    Dem Autor ist uneingeschränkt zuzustimmen, dass rechtsschutzversicherte Mandate im Arbeitsaufwand umfangreicher geworden sind. Stichwort, Deckungszusagen nur noch getrennt für die außergerichtliche und die gerichtliche Tätigkeit. Für den Mandanten nicht besonders vorteilhaft, wenn ich in z.B. einer Unfallregulierung vor Klageerhebung erst noch auf das Go der RSV warten muss. Grundsätzlich beruhigt das Vorhandensein einer RSV mich aber schon.

    Seltsam finde ich folgende Aussagen in dem Artikel:

    „Im Straßenverkehrsbereich wissen viele auch nicht, dass die eigene KFZ-Haftpflichtversicherung ohnehin die Prozesskosten im Fall eines Unfalls übernimmt.“

    Ich gebe zu, das wusste ich auch nicht. Habe ich was verpasst? Seit wann zahlt die Haftpflicht aktiv für die Geltendmachung der Ansprüche ihres VN beim Gegner? Oder meint der Kollege den Fall, dass der VN nach einem Unfall zusammen mit seinem Haftpflichtversicherer verklagt wird. Dann liegt die Prozessführungsbefugnis ohnehin bei der Haftpflicht, da braucht man in der Tat keine RSV.

    „Und generell gilt: Wenn man im Recht ist, zahlt die Kosten ja ohnehin die Gegenseite.“

    Wenn man aber den Gerichtskostenvorschuss nicht zahlen kann oder den Vorschuss für ein Sachverständigengutachten, bringt es nicht viel Recht zu haben. Und der RA möchte ja auch nicht warten, bis nach einem positiven Urteil ein KFB in der Welt ist. Er wird in aller Regel einen Vorschuss verlangen.

    Gern hätte ich auf der Seite der Rechthaber selbst kommentiert, aber die Registrierung dauert mir einfach zu lange…

  3. anonymisiert sagt:

    Verehrte Kollegen,

    ob die Schlussfolgerungen des Kollegen Schmeilzl zutreffen oder nicht, lässt sich nur schwer pauschal beantworten. Seine Analyse zu der Negativentwicklung seit 2004 teile ich. Die Regulierungspraxis hängt aber stark von der Geschäftspolitik des einzelnen Versicherers ab.

    Wir stellen fest, dass es wirklich ganz erhebliche Unterschiede im Regulierungsverhalten zwischen den Häusern gibt. Und das bezieht sich nicht auf Einzelfälle, über die man trefflich streiten kann, sondern zieht sich wie ein roter Faden durch die Mandate. Nur um dem Vorwurf der „Abzockermentalität“ zuvor zu kommen: Wir reden hier von Abrechnungen, die kooperative RSVen, die ebenfalls das Gesetz kennen und achten, ohne Murren und Knurren akzeptieren.

    Ich frage mich übrigens, ob die Größe des Versicherers eine Rolle spielt: Je größer das Haus, desto eher kann über 50-100 EUR-Kürzungen bei einer Masse von Mandaten großes Geld gespart und dann an die Anteilseigner ausbezahlt werden. Offiziell heißt es freilich, man handle im „Interesse der Versichertengemeinschaft“.

    Während pauschale Gebührenkürzungen und überflüssige Nachfragen bei manch einem zum Standard gehört (auch rechtlich bedenkliche Eingriffe in das Mandatsverhältnis kommen leider vor), regulieren andere völlig problemlos und geradezu in „Höchstgeschwindigkeit“. Die Regulierungshilfe bleibt ein kleiner Teil der Arbeite, und man macht sie mit. Wenn ich aber 30% oder mehr des Mandates damit zubringen soll, Rechnungen zu begründen, Sachverhalte zu schildern, Teilzahlungen aufzudröseln oder Nachfragen zu beantworten, wird es unwirtschaftlich.

    Lustig übrigens, dass das Angebot, ein Rationalisierungsabkommen zu treffen, in unserem Fall übrigens von einer RSV kam, die hier bei den Negativschilderungen öfters vorkommt und uns zuvor über Monate geärgert hat. Nach dem Motto „unterschreib Freundchen, sonst können wir auch anders“. Dankschön, nein.

    Zur Unabhängigkeit von Vertragsanwälten würde ich gern eine Frage in die Runde stellen: Welcher Anwalt, der mit einem Versicherer Rationalisierungsabkommen trifft, kann eigentlich seinen Mandanten objektiv gegen die Versicherung vertreten, wenn sie einmal rechtswidrig die Leistung verweigert…? Ich habe da meine Bedenken, bitte aber die langjährigen Kollegen um ihre Einschätzung.

    MfG
    M. Pießkalla

  4. anonymisiert sagt:

    @ RA Kuemmerle

    …. der Kollege meint das Passiv-Legitimationsverhältnis der eigenen Haftpflichtversicherung. Das hat nichts mit den Aktivprozessen des RSV-versicherten Mandanten zu tun.
    Aber über das Passiv-Legitimationsverhältnis der Haftpfl.Vers. zu ihren „Vertragsanwälten“ könnte man sicher auch einen eigenen Thread schreiben.

  5. anonymisiert sagt:

    @ RA Pießkalla

    Zitat:
    „Welcher Anwalt, der mit einem Versicherer Rationalisierungsabkommen trifft, kann eigentlich seinen Mandanten objektiv gegen die Versicherung vertreten, wenn sie einmal rechtswidrig die Leistung verweigert…?“

    Es soll ja verschiedentlich auch noch andere RAe geben, ja so richtig freie, meine ich…..

  6. anonymisiert sagt:

    @ RA Witopil:

    Ich nehme Ihre Aussage als Zustimmung, dass es da ein kleines Problem mit den gegenläufigen Interessen geben könnte…

  7. anonymisiert sagt:

    @ RA Pießkalla

    Durchaus. Denn was da hinter dem Rücken des Mandanten passiert, ist auch vertragsrechtlich nicht i.O.

    Die Vereinbarung zwischen dem RA und der RSV wirkt zunächst nur inter pares. Wenn die Vereinbarung erfolgt, dann verzichtet RA nur der RSV ggü. auf die Berechnung weiterer Kosten, die ihm grundsätzlich nach RVG zustehen.
    Das Problem kennen wir ja schon aus BRAGO-Zeiten, nämlich die zwischenzeitlich aufgekündigten Abkommen mit dem Deutschen Anwaltsverein (die noch das Ziel hatten, das Abrechnungswesen zu rationalisieren und mit angemessenen Sätzen zu arbeiteten – Aufwand, Umfang, Bedeutung, Haftung, etc.).
    Der BGH war seinerzeit dazu der Ansicht, dass diese Abkommen nicht ggü. dem Mandanten wirkten, insbesondere keinen Verzicht auf weitere Ansprüche darstellten (vgl. BGH DAR 2007, 140).
    Wenn das so ist, dann gilt das auch umgekehrt, nämlich im Verhältnis RA –> Mandant. Oder anders ausgedrückt, der RA könnte rein theoretisch die vollen Gebühren vom Mandanten verlangen.
    Um dem darin steckenden Risiko für den (juristisch unbedarften) Mandanten entgegen zu wirken, müßte der RA, wenn er sich mit der RSV verbandelt, bei Mandatsübernahme dem Mandanten eine schriftliche Freistellungserklärung übergeben, wonach Letzterer von allen Ansprüchen aus dem Mandatsverhältnis freigestellt werde, welche sich in gebührenrechtlicher Hinsicht ergeben könnten.

    Natürlich ist das alles zunächst recht theoretischer Natur, weil RA das nicht tut (d.h. das Risiko nicht verwirklicht). Ich meine aber schon, dass diese Klar-(und Frei-)stellung aus standesrechtlichen Gesichtspunkten dem Mandanten ggü. geschuldet wird.
    Letztlich weiß Mandant dann auch, was er im konkreten Fall erwarten darf (das ist dann nicht nur eine Frage des Standesrechts, sondern des Anstands).