DEURAG – Fassungslos

In einer krankenversicherungsrechtlichen Angelegenheit vertrete ich einen an einer unheilbaren Krankheit leidenden Mandanten, der häusliche Krankenpflege rund um die Uhr benötigt. Er ist privat krankenversichert. Die Krankenversicherung sagt immer für kurze Zeiträume befristet Erstattungszahlungen auf freiwilliger Basis zu, kürzt aber bei den Stundensätzen. So kommt es, daß der Mandant jeden Monat auf Kosten von rund 6.200,00 EUR „hängenbleibt“.

Der Mandant möchte seine Ansprüche gegen die Krankenversicherung durchgesetzt haben. Er möchte endlich Rechtssicherheit. Für ihn, der mit der Erkrankung und seiner Rund-um-die-Uhr-Versorgung bis ans Lebensende belastet ist, bedeutet dies sehr viel, nicht nur eine finanzielle Entlastung, sondern auch eine psychische.

Der Mandant ist bei der DEURAG rechtsschutzversichert. Und inzwischen scheint die eigene Rechtsschutzversicherung des Mandanten der größere Gegner zu sein als seine private Krankenversicherung.

Der Reihe nach:

Am 14.10.2010 wende ich mich für meinen Mandanten an die Rechtsschutzversicherung, teile dieser mit, daß die private Krankenversicherung meines Mandanten die Erstattungsleistungen für die notwendige häusliche Krankenpflege nur unvollständig erbracht hat und auch in Zukunft nur unvollständig erbringen wird. Weiter teile ich mit, daß die private Krankenversicherung die Erstattungsleistungen nur als freiwillige Leistungen befristet zugesagt hat und insoweit erforderlich sei, – gegebenenfalls auch gerichtlich “ feststellen zu lassen, daß mein Mandant gegen die private Krankenversicherung einen Rechtsanspruch auf die begehrten Leistungen hat. Insofern bitte ich um Kostendeckungszusage für ein außergerichtliches und ein gerichtliches Vorgehen gegen die private Krankenversicherung.

Mit Datum vom 01.11.2010 erteilt die DEURAG Kostendeckungszusage. Wörtlich heißt es in dem Schreiben:

„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
in obiger Angelegenheit bestätigen wir gerne den Versicherungsschutz für die außergerichtliche Interessenvertretung und für das Verfahren in der I. Instanz.“

Es folgt ein Hinweis auf einen Selbstbehalt und auf die Versicherungsbedingungen, keinerlei sonstige Einschränkungen.

Mit Schreiben vom 05.11.2010 wende ich mich dann für meinen Mandanten an die private Krankenversicherung und fordere diese unter anderem auf zu erklären, daß „Sie meinem Mandanten ab dem 01.08.2010 für die Dauer des Bestehens des Versicherungsverhältnisses, längstens jedoch bis zu seinem Tod die ihm aufgrund der lebensnotwendigen häuslichen Krankenpflege entstehenden Kosten gegen Vorlage entsprechender Nachweise auf Basis des Kostenvoranschlages des Pflegedienstes … vom 09.07.2010 erstatten werden“.

Eine Abschrift des Schreibens an die private Krankenversicherung habe ich sodann ebenfalls am 05.11.2010 an die DEURAG zur Information verbunden mit einer Kostenvorschußrechnung gesandt.

Mit Schreiben vom 08.11.2010 hat die DEURAG dann mitgeteilt:

„Deckungszusage erfolgte aufgrund der bislang vorgelegten Unterlagen und damit für den entstandenen Zahlungsrückstand. Von einem Feststellungsantrag ist nichts bekannt.“

Die Vorschußrechnung habe man entsprechend gekürzt.

Mit Schreiben vom 10.11.2010 habe ich die DEURAG darauf aufmerksam gemacht, daß in der Kostendeckungsanfrage sehr wohl auch die Leistungsverpflichtung der privaten Krankenversicherung und die Durchsetzung dieser Ansprüche für die Zukunft als Gegenstand meines Auftrages mitgeteilt worden sei.

Der Mandant hat daraufhin – im Hinblick auf die verwirrenden Äußerungen der DEURAG – zunächst eine gerichtliche Geltendmachung seiner Ansprüche gegen die private Krankenversicherung zurückgestellt.

Am 20.11.2010 erhielt ich dann die Mitteilung der DEURAG, die mindestens ebenso verwirrend ist, wie das Verhalten der DEURAG zuvor. In dieser Mitteilung heißt es wörtlich:

„Mitgeteilt war, dass der Leistungsanspruch gerichtlich festzustellen sei. Hierfür wurde Kostenschutz erteilt. Demnach erstreckt sich der Versicherungsschutz auf die Geltendmachung der ausstehenden Zahlungsansprüche.

Ein Feststellungsantrag ist nicht gedeckt. Im übrigen ist ein konkreter Hinweis auf die Stellung eines solchen Antrags den Unterlagen nicht zu entnehmen.“

Weiter heißt es in dem Schreiben vom 18.11.2010:

„Hier ist es dem VN zumutbar, das Ergebnis des Zahlungsverfahrens abzuwarten. Danach wird man sich erneut mit einem Feststellungsbegehren auseinanderzusetzen haben.“

Es wurde also Kostenschutz für die Feststellung eines Leistungsanspruchs erteilt, wobei jedoch ein Feststellungsantrag nicht gedeckt sein soll.

Die Behauptung, es sei mitgeteilt worden, daß der Leistungsanspruch gerichtlich festzustellen sei. ist genauso unrichtig wie diejenige im Schreiben vom 08.11.2010, daß von einem Feststellungsbegehren nichts bekannt gewesen sei. Vielleicht mag die DEURAG sich erstmal darüber klarwerden, ob ihr nun nichts von dem Feststellungsbegehren bekannt war, oder ob ihr nur die gerichtliche Geltendmachung mitgeteilt worden sein soll.

Daß es dem Mandanten zumutbar sein soll, zunächst Erstattungsrückstände einzuklagen, erscheint vor dem Umstand, daß die private Krankenversicherung ihre freiwillige Leistungszusage bis zum 31.12.2010 befristet hat, eher zweifelhaft. Zudem fallen meinem Mandanten jeden Monat rund 6.200,00 EUR an, die er zur Zeit von seiner Krankenversicherung nicht erstattet erhält.

Andere Rechtsschutzversicherungen haben in gleichgelagerten Fällen, ohne Probleme Kostendeckungszusage erteilt.

Meinem Mandanten habe ich zur Deckungsklage geraten. Er wird diesen Rat auch beherzigen. Die Ankündigung einer solchen hat die DEURAG nicht beeindruckt. Bleibt zu hoffen, daß es die Einreichung tut.

Ich werde weiter berichten…

8 Responses to “DEURAG – Fassungslos”

  1. anonymisiert sagt:

    verstehen würde ich, wenn die versicherung auf einen bedingten feststellungsantrag besteht (bedingung: obsiegen im nachforderungsprozess). vielleicht wäre das ein guter vergleichsvorschlag an die RS-Versicerung?oder hab ich was flschverstanden?

  2. anonymisiert sagt:

    Versuchen Sie’s über die Deckungsklage, ich hab ein Dutzend davon gegen die Deurag. Ohne wachen die nicht auf.

  3. anonymisiert sagt:

    Wie würde sich denn der vernünftige, nicht versicherte Mandant verhalten (der ja nach BGH die Messlatte darstellt), wenn er über das Prozesskostenrisiko aufgeklärt wird? Er würde doch zur Kostenersparnis zunächst die offenen Forderungen einklagen, von denen er zu hundert Prozent überzeugt ist, dass er sie bekommt. An einem streitwerterhöhenden Feststellungsantrag (42 x 6.200 = 260400 Euro Streitwert!) hätte er doch zunächst gar kein Interesse. Abgesehen davon, dass ich einen Antrag auf „Leistung bis ans Lebensende“ für sehr fragwürdig halte.

    Wie würde sich der beklagte Krankenversicherer verhalten? Wenn er vollständig zur Zahlung der rückständigen Beträge verurteilt wird, wird er diese auch für einen bestimmten Zeitraum in der Zukunft leisten, ohne dass es eines Feststellungsantrags bedarf.

    Und die Tatsache, dass der Krankenversicherer seine Leistungen zeitllich befristet hat, ist zwar gemein aber zulässig. Denn er baut auf die Gesundung Ihres Mandanten. Ihm steht unter bestimmten Umständen ein regelmäßiges Leistungsprüfungsrecht zu. Zumindest so lange, bis festeht, dass sich der Gesundheitszustand nicht bessert.

    Also ich sehe nicht so ganz, wo der Fehler der DEURAG liegen soll.

  4. anonymisiert sagt:

    Sehr geehrter Herr Kollege,

    der Mandant leidet – dies kam vielleicht in dem Beitrag nicht so ganz heraus – an einer progredient verlaufenden, unheilbaren Krankheit. Auch hat mittlerweile der Pflegedienst eine Einstellung der Versorgung angedroht.

    Ich glaube, daß es durchaus ein berechtigtes Interesse gibt, bei derart schweren Krankheiten, die auch noch erhablich kostenintensive Behandlungen nach sich ziehen, Rechtssicherheit zu erhalten.

    Es gibt übrigens keinen Sozialleistungsträger, der die 6.200 EUR monatlich notfalls vorfinanzieren würde. Auch gegen das Sozialamt gibt es da keine Ansprüche, weil keine Anspruchsgrundlage.

    Wahrscheinlich würde bei dieser Sachlage der vernünftige nicht versicherte Mandant auch versuchen, seine Ansprüche durchzusetzen.

    MfkG RA Koch

  5. anonymisiert sagt:

    Danke für die weiteren Erläuterungen. Dennoch würde ich an Ihrer Stelle anhand der gegebenen Deckungszusage die rückständigen Beiträge einklagen, davon hat der Mandant im Zweifel mehr als von einer vorgeschalteten zeitaufwändigen Deckungsklage gegen den RSV über zwei Instanzen. Und sie schneiden ihm ja keine Ansprüche ab, wenn Sie zunächst auf den Feststellungsantrag verzichten (sofern Sie die Verjährung im Blick behalten).

  6. anonymisiert sagt:

    […] https://rsv-blog.de/deurag-%E2%80%93-fassungslos Am 14.10.2010 wende ich mich für meinen Mandanten an die Rechtsschutzversicherung , teile dieser mit, daß die private Krankenversicherung meines Mandanten die Erstattungsleistungen für die notwendige häusliche Krankenpflege nur … […]

  7. anonymisiert sagt:

    Manchmal verhalten sich Rechtsschutzversicherungen in der geschilderten Art und Weise, vermehrt dann, wenn es sich bei Rechtsschutzversicherer und Anspruchsgegner quasi um dieselbe Gesellschaft geht.

    Ich würde die rückständigen Beträge alsbald einklagen. Klage über die anwaltliche Vorschußberechnung würde ich für den Mandanten ebenfalls erheben und ggf. Feststellungsantrag für zukünftige Leistungen gegenüber dem Krankenversicherer