Kein Anspruch bei Selbstvertretung

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (7 U 15/08) hat mit deutlichen Worten am 26.06.2008 entschieden:

Ein Rechtsanwalt hat keinen Anspruch auf Zahlung der gesetzlichen Vergütung gegen seine Rechtsschutzversicherung, wenn er sich selbst vertritt.

Aus den Gründen:

…§ 5 II a ARB 1994 führt dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer (VN) hinreichend deutlich vor Augen, dass ein Zahlungsanspruch gegen die Versicherung erst dann besteht, wenn Zahlungsansprüche gegen den VN bzw. die mitversicherte Person überhaupt im Raume stehen. Auch dem durchschnittlichen VN muss daher klar sein, dass der Fall einer Selbstvertretung keine solchen Zahlungsansprüche auslöst und daher diesbezüglich auch keine Kostenübernahme durch die Versicherung stattfindet. Entscheidend für dieses Verständnis ist jedoch letztlich der erkennbare Zweck der Rechtsschutzversicherung. Er besteht darin, die durch einen bestimmten Schadensfall erlittenen Einbussen im Vermögen der versicherten Person zu kompensieren, nicht deren Hoffnungen auf Umsatz bzw. Gewinn zur Realisation zu verhelfen.

Das ist nachvollziehbar. Wenngleich auch die Gegenposition einiges hat: Wenn ich mich als Rechtsanwalt selbst und erfolgreich vor dem (Zivil-)Gericht vertrete, ist es anerkannt, daß der Gegner dann auch die Rechtsanwaltskosten zu tragen hat, die entstanden wären, wenn ich einen Mandanten vertreten hätte.

Anders sieht es aus im Strafrecht: Wenn der sich selbst verteidigende Rechtsanwalt freigesprochen wird, hat er keinen Anspruch gegen die Landeskasse auf Erstattung des Verteidigerhonorars.

14 Responses to “Kein Anspruch bei Selbstvertretung”

  1. anonymisiert sagt:

    Die Entscheidung des OLG Stuttgart ist nicht rechtskräftig. Das Verfahren schwebt vor dem BGH in der Revision, Az.: IV ZR 188/08.

    Die überlegungen des OLG sind auch abwegig. So wie der BGH zur Begründung der Auffassung des OLG heran gezogen wurde, ist dies aus der Entscheidung vom 04.05.2005 (http://tinyurl.com/57uvas) nicht zu entnehmen. Der BGH spricht in diesem Zusammenhang von objektiv(!) erforderlichen Kosten und hatte zur negativen Abgrenzung einen „fiktiven Rechtsstreit“ im Auge, der „so nicht geführt wurde“.

    Das Argument des OLG Stuttgart, dass es nicht Gegenstand des Vertrages sein könne, Umsätze zu sichern, ist reine Rabulisitk, und hat schon erst gar nichts damit zu schaffen, dass dem Anwalt, der seine Rechtsinteressen (berechtigt) wahrnimmt, keine Kosten entstehen.

    Man wird gespannt auf die Entscheidung des IV.BGH-Senats warten müssen.

  2. anonymisiert sagt:

    Wie geht das weiter? Der Kfz-Mechaniker erhält keine Leistung aus der Kaskoversicherung, der Arzt keine Leistung von der Krankenversicherung, und demnächt dann auch der Rentner nichts mehr aus der Rentenversicherung?

  3. anonymisiert sagt:

    .. mir war gar nicht bekannt, daß ein Arzt bei der Krankenkasse Kosten dafür einreichen kann, wenn er sich selbst ne Packung Aspirin für seine Kopfschmerzen verschreibt…

  4. anonymisiert sagt:

    @ Ach so…

    … und wenn das letzte Haar gespalten wurde, dann wird man erstaunt feststellen, dass eine Vollglatze das Ergebnis ist.

  5. anonymisiert sagt:

    … welche Frisur der Kollege Witopil so trägt….

  6. anonymisiert sagt:

    ….. Dauerwelle; mit waschen, färben und legen

  7. anonymisiert sagt:

    Wußte gar nicht, daß heutzutage noch jemand freiwillig Minipli trägt, und dann auch noch gefärbt… Und ich dachte schon der Kollege Witopil sei humorlos… !

  8. anonymisiert sagt:

    Vor allem steht die Frage im Raum, was im Unterliegensfalle mit den Kosten der Gegenseite ist. Die werden ja wohl versichert sein, oder? Was, wenn der versicherte Anwalt einen Kollegen seiner Sozietät beauftragt?

    Fragen über Fragen.

  9. anonymisiert sagt:

    Die Kostenerstattungsanprüche der Gegenseite sind – so habe ich das OLG Stgt. verstanden – doch wohl gerade versichert. Dabei handelt es sich in der Tat gerade um die – mit dem OLG – „versicherten Vermögenseinbussen“!

  10. anonymisiert sagt:

    „… nicht deren Hoffnungen auf Umsatz bzw. Gewinn zur Realisation zu verhelfen. …“

    Darin zeigt sich der tiefe Frust und Neid gegenüber Anwälten, der bei vielen Richtern nicht auszurotten ist. Richter erhalten immer ihr Gehalt, Anwälte nur dann, wenn sie Umsatz erwirtschaften. Wenn man in einer eigenen Sache arbeitet, soll man – so die Richter – eben umsonst arbeiten. Würde ja ein Richter auch so machen – oder doch nicht?

    Mit derselben Argumentation ließe sich auch eine Kostenfestsetzung versagen, wenn der Anwalt in eigener Sache tätig ist. Da das aber von den Gerichten auch nicht so gesehen wird, zeigt sich, daß es nicht um sachliche Argumente geht, sondern nur um negative Emotionen gegenüber Anwälten!

  11. anonymisiert sagt:

    Mich würde einmal interessieren, ob Rechtsanwälte vor diesem Hintergrund auch geringere Versicherungsbeiträge bei einer Rechtsschutzversicherung zahlen müssen? Kennt da jemand eine Versicherung?

  12. anonymisiert sagt:

    Weiss denn jemand, ob der BGH schon über dieses Problem entschieden hat bzw. wann er hierüber entscheiden wird?

  13. anonymisiert sagt:

    Ja, hat er. NJW 2011, 232 ff.

    oder http://tinyurl.com/655b283 führt zu bgh.de