Totschlag mittels Baustein

Natürlich wußte ich, daß die Verteidigungskosten wegen einer Unfallflucht nicht versichert sind.  Wenn ich das dem Auftraggeber erkläre, habe ich eine halbe Stunde Diskussion um die Frage, wofür er eigentlich die Prämie an die Rechtsschutzversicherung überweist.

In letzter Zeit stelle ich – so es der Mandant wünscht – grundsätzlich die Kostendeckungsanfrage bei der Versicherung. Daß der Schadenbearbeiter einen Baustein verwenden würde war mir klar; wie, hat mich dann aber doch verblüfft:

Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin, sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
wir danken für Ihre Mitteilung.
Die Kosten der Strafverteidigung und des Verfahrens können daher von uns nicht erstattet werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Allianz Rechtsschutz-Service GmbH

„Daher“ ist ein starkes Argument, fast noch stärker als „Aber!“. So stark, daß jede Gegenwehr erlahmt. Ein Totschlagsargument.

Daher weiß ich nun auch nicht weiter und habe dem Mandanten geraten, bei der Versicherung nachzufragen. Natürlich wird er nicht fragen. Er wird wieder zu mir kommen und mich fragen. Das ist auch gut so, wie der Berliner mittlerweile sagt.

Ich werde ihm erklären, daß da ein überarbeiteter Sachbearbeiter ein Kästchen für den Baustein 845x379ef versehentlich nicht angeklickt hat, der die Erklärung geboten hätte. So’was kann halt in den besten Familien vorkommen und auch wir machen Fehler. Dann werde ich ihn noch auf die Adressierung und die Anrede aufmerksam machen und darauf verweisen, daß unsere Briefe persönlich und verständlich verfaßt werden.

Jeder Mandantenkontakt ist ein Vertrauensbeweis. Ich werde die Gelegenheit nutzen, dem Mandanten unseren Beratervertrag gegen ein geringes Pauschalhonorar anzubieten. Herzlichen Dank, meine Service-GmbH!

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9 Responses to “Totschlag mittels Baustein”

  1. anonymisiert sagt:

    Meines Wissens besteht Kostenschutz auch bei Unfallflucht. Dieser entfällt nur rückwirkend bei einer Verurteulung wg. Vorsatz (nicht jedoch, wenn das Verfahren z.B. eingestellt wird).
    Mfkg.

  2. anonymisiert sagt:

    Es erging ein rechtskräftiger Strafbefehl.

  3. anonymisiert sagt:

    Es gibt zumindest einen Versicherer, der die Kosten auch bei einer Vorsatzverurteilung wegen eines verkehrsrechtlichen Vergehens nicht zurückfordert, falls das Verfahren durch einen rechtskräftigen Strafbefehl erfolgt.

  4. anonymisiert sagt:

    @Georg:

    Für den Anwalt nur vordergründig eine gute Lösung: Er muß den Vorschuß nicht zurückzahlen und ob der Versicherer sich das Geld vom VN zurückholt steht auf einem anderen Blatt. Soll der Anwalt so beraten:

    Nach Aktenlage wird es zu einer Verurteilung kommen, wir werden eine Strafmaßverteidigung vorbereiten. Ihr Versicherer muß in Ihrem Fall nicht leisten, wir können aber einen Vorschuß anfordern, den Sie im Falle einer Verurteilung der Versicherung erstatten müssen. Vielleicht – ob das rechtmäßig ist oder nicht, sei dahingestellt – fordert die Versicherung den Vorschuß nicht zurück.

  5. anonymisiert sagt:

    Nein, so lese ich z.B. § 2 i) aa) AUXILIA ARB 2008 nicht. Hier kann der Verteidiger seine Strategie auf eine Strafmaßverteidigung im Strafbefehlsverfahren ausrichten. Auch wenn der Mandant im Strafbefehl wegen § 142 StGB verurteilt wird und dieser Strafbefehl rechtskräftig wird, bleibt der Rechtsschutz bestehen und der Mandant muss nichts zurückzahlen.

  6. anonymisiert sagt:

    Es kommt darauf an. Dort heißt es in der Tat ausdrücklich:

    Wird durch ein Urteil rechtskräftig festgestellt, dass der Versicherungsnehmer das Vergehen vorsätzlich begangen hat, ist er verpflichtet, der AUXILIA die Kosten zu erstatten, die diese für die Verteidigung wegen des Vorwurfes eines vorsätzlichen Verhaltens getragen hat. Dies gilt nicht bei Abschluss des Verfahrens durch einen rechtskräftigen Strafbefehl.

    In der ARB 2008 der AdvoCard heißt es hingegen:

    Wird rechtskräftig festgestellt, dass der Versicherungsnehmer das Vergehen vorsätzlich begangen hat, ist er verpflichtet, dem Versicherer die Kosten zu erstatten, die dieser für die Verteidigung wegen des Vorwurfes eines vorsätzlichen Verhaltens getragen hat;

    Man beachte den kleinen aber feinen Unterschied!

  7. anonymisiert sagt:

    Wieder etwas gelernt, herzlichen Dank!

    Dann muß die Strategie erst recht lauten: Lieber Mandant, ich kenne die diversen Rechtschutzbedingungen nicht. Wir werden für Sie eine Anfrage abschicken und ggfl. mit dem Versicherer abrechnen. Gegenstand unseres Auftrages ist aber nicht die Prüfung der Frage, ob Deckung gewährt werden müßte. Auch dies würden wir gegen ein geringes Entgelt für Sie prüfen. Diese Frage kann für Sie dann wichtig werden, wenn entschieden werden muß, ob ein Strafbefehl rechskräftig werden soll oder der Weg vor den Richter gewählt wird. Und schon sind wir dann doch wieder dabei, die diversen ARB zu sammeln und zu lesen.

    Vielleicht sollten wir hier auf dem Blog eine Linkliste zu den einzelnen ARB einrichten?

    Im konkreten Fall werde ich dem Mandanten natürlich stecken, daß die AUXILIA gezahlt hätte.

  8. anonymisiert sagt:

    Und außerdem denken wir natürlich daran, den Mandanten zu fragen, ob er die RS nicht über einen Makler abgeschlossen hat, denn dann kommt ja ein Beratungsfehler wegen fehlerhafter Information in Betracht…

  9. anonymisiert sagt:

    […] einem aktuellen Beitrag war der Wunsch geäußert worden, Links zu den doch im Einzelnen abweichenden […]