ARAG – Es reicht !

Der Kollege Karl-Heinrich Wintzenburg aus Hannover macht seinem berechtigten Ärger über die ARAG SE Luft:

Hallo die Damen und Herren Kollegen,

hier ein weiterer Beitrag zu der Erfahrung mit der Arag SE. Jetzt greift sie auch schon in das Mandatsverhältnis ein. Allmählich reicht’s jetzt mal!

Einen bei ihr versicherten Mandaten haben wir gegen den Vorwurf einer Abstandsmissachtung auf der Autobahn verteidigt. Der Bußgeldbescheid belastete ihn mit 180,00 € Geldbuße und drei Punkten nach dem alten Punktesystem. Die Verteidigung in der Sache gestaltete sich mit den Prüfungsanforderungen an die technische Messung sowie auch in rechtlicher Hinsicht wegen einer überschaubaren Strecke von (nur) 300 m und dem Einwand des Mandanten, dass ihm ein anderer Verkehrsteilnehmer in seinen Sicherheitsabstand gefahren war, als durchaus nicht einfach gelagert.

In der mündlichen Verhandlung gab die Videoaufzeichnung der Messung mehr als eine halbe Stunde lang Anlass zu deren Erörterung. Zudem ist der Messbeamte als Zeuge vernommen worden. Der zuständige Abteilungsrichter teilte die Bedenken gegen die Messung danach nicht, obwohl die dazu verfügbare Rechtsprechung wohl eine überschaubare Messstrecke von 300 m mindestens verlangt und verurteilte den Mandanten entsprechend des Bußgeldbescheides.

Unserer Abrechnung mit der Arag Rechtsschutzversicherung haben wir die Mittelgebühr zugrunde gelegt. Das rechtfertigte sich insbesondere deshalb, weil die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten als beruflichen Vielfahrer zumindest von durchschnittlichem Gewicht war. Seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse waren als überdurchschnittlich zu bewerten, während Umfang und Schwierigkeitsgrad der Verteidigung ebenfalls zumindest einen durchschnittlichen Umfang besitzen.

Über alle zur Bemessung im Rahmen gem. § 14 Abs. 1 RVG informiert, erstattete die Arag nur Gebühren, die deutlich unterhalb der Mittelgebühr liegen. Dazu beruft sie sich auf eine Entscheidung des Landgerichts Hannover vom 24.08.2011, die einen Kostenerstattungsanspruch gegen die Landeskasse (!) zum Gegenstand besitzt und deren Leitsatz wie folgt lautet:

„Die drohende Eintragung von 3 Punkten im VZR rechtfertigt nicht die Annahme einer überdurchschnittlichen Angelegenheit im Hinblick auf die Bedeutung der Angelegenheit i. S. des § 14 RVG“.

Um mehrere Hinweise darauf, dass in dem von uns verteidigten Verfahren nur die Mittelgebühr berechnet worden war, schert sich die Arag nicht weiter. Als überaus ernst ist indes ihr Verhalten gegenüber ihrem Versicherungsnehmer zu bewerten. An diesen richtete sie nämlich sogleich ein Schreiben, worin sie zunächst den Eindruck zu erwecken versucht, dass in seiner Sache von dem Verteidiger überdurchschnittliche Gebühren verlangt würden. Im Weiteren heißt es dann:

„Als Ihr Rechtsschutzversicherer haben wir die Aufgabe, diese Fragen mit Ihrem Rechtsanwalt zu klären. Sollte er sich wegen der restlichen Kosten an Sie wenden, sind Sie nicht verpflichtet zu zahlen. In diesem Fall bitten wir Sie uns sofort anzurufen, damit wir das weitere Vorgehen miteinander abstimmen können. Kosten entstehen Ihnen dann nicht, wenn Ihr Rechtsanwalt die Differenz gerichtlich geltend machen sollte. Wir bitten um Ihre Mithilfe. Übersenden Sie uns deshalb unverzüglich Ihnen zugehende Schreiben, eine Klage oder einen Mahnbescheid. Unterzeichnen Sie bitte auch keine Abtretungserklärung.“

Mit dieser Mitteilung versucht die Arag Rechtsschutzversicherung SE seit Neuestem, ihre Versicherungsnehmer gegen ihren Verteidiger einzu­nehmen, deutlicher ausgedrückt, aufzuhetzen.Derartige Eingriffe in das Mandatsverhältnis stellen eine Ungeheuerlichkeit dar und dürfen in keinem Fall hingenommen werden. Zu einer Lösung, wie sie weiter in der Mitteilung an ihren Versicherungsnehmer beteuert, ist sie überhaupt nicht bereit. Auch auf eine Vorstandbeschwerde hin sieht sie sich zu einer Abänderung ihres Verhaltens in keiner Weise veranlasst.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Wintzenburg, Rechtsanwalt

Es ist natürlich auch der ARAG bekannt, dass die Berechnung einer Mittelgebühr schon in Bußgeldsachen durchschnittlicher Art und Güte der herrschenden Meinung entspricht.

Ebenso ist es jedenfalls in Anwaltskreisen bekannt, dass der ARAG offensichtlich kein Textbaustein zu dämlich ist, um Honoraransprüche herunterzukürzen. Die ARAG ist mit derzeit 129 Einträgen nicht umsonst trauriger Spitzenreiter hier im Blog.

Völlig inakzeptabel ist aber der Versuch der ARAG; einen Keil zwischen Versicherungsnehmer und Anwalt zu treiben – und dazu den eigenen VN auch noch falsch informiert. Die Behauptung „Sollte er sich wegen der restlichen Kosten an Sie wenden, sind Sie nicht verpflichtet zu zahlen“ ist jedenfalls in dieser pauschalen Form schlicht unzutreffend – und hier erst recht in Bezug auf die Differenz zur Mittelgebühr.

Erfahrungsgemäß knickt die ARAG in Prozessen dieser Art aber gerne schnell ein – und zahl dann. Dem Kollegen wünscht das RSV-Blog-Team gutes Gelingen!

15 Responses to “ARAG – Es reicht !”

  1. anonymisiert sagt:

    Seit Jahren zahle ich eine ziemlich hohe Gebühr an die ARAG für privaten Rechtsschutz, aber mir wurde noch nie Rechtsschutz gegeben! Immer gibt es irgendwelche Argumente, die mir erklären, dass dies oder das oder jenes von ARAG nicht gemacht wird. Eine Versicherungsschutz bei der ARAG ist reine Geldverschwendung !!!

  2. anonymisiert sagt:

    Auch für mich als RA waren und sind ARAG-Mandate bisher mehr Fluch als Segen. Die Aufforderung, Abtretungserklärungen ich zu unterzeichnen, ist möglicherweise geeignet, einen Unterlassungsanspruch des RA zu begründen.

  3. anonymisiert sagt:

    Für mich gelten schon seit längerem ARAG und DAS Kunden als nicht
    versichert.

  4. anonymisiert sagt:

    Ich schaffe inzwischen gnadenlos Präjudiz und verklage die Mandanten auf den Rest. Natürlich nach Absprache und ausführlicher Erläuterung. Ich möchte alle KollegInnen dazu ermuntern das auch zu tun. Und bitte keine Vergleiche! Und Klage immer gegen den Mandanten ohne Abtretung, nur so bekommt man ein Kammergutachten in den Prozess. Wenn genug mitmachen, disziplinieren wir die Bande!

  5. anonymisiert sagt:

    […] auch die verständliche Verärgerung der Kollegen über die ARAG – ich wünsche Glück bei der Klage […]

  6. anonymisiert sagt:

    Herr RA Melchior,

    ich verstehe Ihre Aufregung. Aber wieso gehen Sie nicht die Versicherung auf juristischem Wege an.

    Mein Rechtsgefühl sagt mir, dass ein Unterlassungsanspruch wegen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbe/Kanzleibetrieb in der Äußerung der Versicherung an den Mandanten in Betracht zu sehen sein könnte, dass dieser rechtlich nicht zur Zahlung verpflichtet sei.

    Kämpfen Sie für Ihre Kollegen 🙂

  7. anonymisiert sagt:

    @anonym:

    Sorry, aber ich bin überhaupt nicht aufgeregt – und glaube auch nicht, dass ich für den Kollegen kämpfen muss, das wird der schon alleine erledigen.

  8. anonymisiert sagt:

    Generell sieht man meist rot, wenn ein Mandant sagt, „ich habe eine RSV“.

    Allerdings bei mir gelten Versicherungsnehmer der Betriebe Deurag (worst case), Rechtsschutzunion (worst case), Allianz, DAS, Örag und Arag aks nicht versichert und rechne ich ausschließlich nur noch mit dem Auftraggeber selbst ab. Die Kunden dieser Unternehmungen haben sich dafür entschieden, alle Deckungskorrespondenz, Kostenerstattungsabwicklung der Anwaltsgebühren, Zeugenauslagenanforderungen, Gerichtsgebühren und die spätere Erstattungen zurück des Gegners an ihre RSV selbst abzuwickeln.
    Diesen kostenlosen, nicht verpflichtenden, Kanzlei“service“ kann man dort nicht mehr übernehmen.

  9. anonymisiert sagt:

    ist das auch ein Qualitätskriterium für Kanzleien bzw. was ist dann von Kanzleien zu halten, die direkt damit werben „“Wir sind ARAG Kooperationspartnerkanzlei“ (Bsp. aid24.de)?

  10. anonymisiert sagt:

    @Mandant in spe:

    Vielleicht haben die Kollegen ja einen besseren Draht zu besagter Versicherung. Es soll ja auch Kollegen geben, die sich als Kolumnenschreiber für die diesen Verein produzieren. …

  11. anonymisiert sagt:

    @ RA Diary:

    Korrespondenz selbst abwickeln?

    In nur zwei Wochen drei ähnliche Berichte:
    Mandant wollte selbst mit der Versicherung korrespondieren und dort um Erstattung bitten. Hier wurde der Mandant jeweils „belehrt“, dass dies so aber nicht üblich sei und sich doch immer der Anwalt melde, man benötige ja auch die Schilderung der Erfolgsaussichten und so einfach zahle man nicht. In einem Fall wurde bei einer Nachfrage kurzerhand durch den Mitarbeiter der RSV der Hörer aufgeschmissen. Doller Service.

    Wir berechnen jede Korrespondenz mit der RSV, anders geht es nicht mehr. Wenn man nur einmal 15 Minuten rumärgern mit der RSV auf das Jahr hochrechnet … das sind echte Summen, die einfach nicht als „Service“ verbucht werden können.

  12. anonymisiert sagt:

    @ RA MAE:

    M.E. ist die Sache zweischneidig:

    Meistens gestaltet sich eine Kostendeckungsanfrage bei der RSV unproblematisch, Kopie des entsprechenden Schreibens / Bußgeldbescheides etc. hinschicken und fertig. Geht i.d.R. schneller, als wenn der Mandant es versucht. Schnelle Kostendeckungszusage sichert entspanntes Arbeiten.

    Es gibt aber auch weniger schnelle bzw. kooperative RSVen – bei denen hilft nur eines: Rechnung an Mandanten schicken, denn der ist Auftraggeber. Alles andere ist dann sein Problem.

  13. anonymisiert sagt:

    Ihr geschätzter Kollege Udo V. hat extra für solche Fälle einen Kolumnenbeitrag geschrieben 🙂

    http://www.arag.de/auf-ins-leben/udo-vetter/hilfe-von-der-helpline-das-sind-ihre-rechte/

  14. anonymisiert sagt:

    @ Leser:

    Naja, „Helplines“ von Rechtsschutzversicherungen – und insbesondere der ARAG – wird der Kollege da wohl nicht gemeint haben.

  15. anonymisiert sagt:

    Moin allerseits,
    informiere mal darüber, dass das soeben vorliegende Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer in dem Rechtsstreit gegen den Mandanten zu dem Ergebnis der Angemessenheit der Mittelgebühr führt. Das war unter den gegebenen Umständen zu erwarten und selbst für die Arag SE vorhersehbar. Gleichwohl hat sie ihren Kunden in den Rechtsstreit gezwungen. Auf seinem Rücken trägt sie in dieser Weise ihre Geschäftspolitik aus. Das nenne ich in höchstem Maß unseriös! Wer so mit seinen Kunden umgeht, dem sollte die marktübliche Quittung dafür erteilt werden. Ganz nebenbei hatte die Arag SE mit ihrer Behauptung der Erhebung ungerechtfertigter Gebühren das Vertrauensverhältnis zwischen Mandantem und Anwalt zerstört.
    Danke dafür nochmal! Karl-Heinrich Wintzenburg, Rechtsanwalt