Einen weiteren Bericht über das Regulierungsverhalten der ARAG liefert Dr. Michael Pießkalla aus der Münchener Kanzlei Pießkalla & Leitgeb Rechtsanwälte.
Wir vertraten einen seit langem bei der ARAG versicherten Mandanten in einer aufwendigen Verkehrs-Strafsache, die etwas mehr als einen Leitz-Ordner füllte. Es ging um den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung. Wir vertraten den Mandanten im Ermittlungsverfahren, es kam zum Strafbefehl. Auf den Einspruch hin wurde das Verfahren vom Amtsgericht gegen Geldauflage eingestellt.
Unsere Deckungsanfrage wurde innerhalb von ca. 1 1/2 Monaten positiv beantwortet. Bis dahin musste sich der Mandant eben gedulden.
Nach einigen Monaten Vorarbeit und zwei umfangreichen Verteidigungsschriften wagte ich es sodann, eine erste Vorschussrechnung (angefallene und noch zu erwartende Gebühren) an die ARAG zu senden. Höhe: EUR 1.043,25. Die Rechnung wurde im Begleitschreiben über etwa eine halbe Seite grundlegend erläutert, die Kriterien nach § 14 RVG dargelegt.
Daraufhin erhielten wir eine überweisung in Höhe von „pauschal EUR 830,00“, da man unseren Ansatz für überhöht halte und den Vorschuss „für angemessen“. Auf Nachfrage antwortete man uns wie folgt:
„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
es bleibt bei unserer vorläufigen Abrechnung. Nach Abschluss der Sache und Vorlage der Endabrechnung können wir über die Kriterien des § 14 RVG weiter diskutieren.
Mit freundlichen GrüßenIhr ARAG Rechts-Service“
Soso, der Anwalt soll also erst einmal pauschale Vorschüsse schlucken und dann – entgegen der §§ 9, 14 RVG (volle Summe der zu erwartenden Gebühren dürfen als Vorschuss berechnet werden) – am Ende des Mandats mit der ARAG „diskutieren„?
Möchte ich aber nicht. Ich möchte lieber mit Gerichten und Staatsanwaltschaften über das Mandat diskutieren und erwarte vom Versicherer eigentlich nur, dass dieser zahlt. Das verstand auch der Mandant und war über dieses Schreiben seines Versicherers so wenig erfreut, dass er sich beim zuständigen Abteilungsleiter beschwerte und dieser wenig später bei uns anrief, um anzukündigen, auch den Restbetrag anzuweisen. Letztlich bekommt man sein Geld, die Frage ist nur, warum man hierfür gegen den Versicherer kämpfen muss – statt sich mit ganzer Kraft den Belangen des Mandanten widmen zu können. Aber ich tröste mich, das ist sicher nur ein Einzelfall ;-)…
Das war genau der richtige Weg, den der Kollege da eingeschlagen hat: Er hat dem Mandanten aufgezeigt, mit welchen Methoden „sein“ Versicherer versucht, sich um die Zahlungspflichten herumzumogeln.
Daß das – insbesondere bei der ARAG – eben kein Einzelfall ist (wie Rechtsanwalt Dr. Pießkalla zutreffend vermutet), zeigen die zahlreichen Berichte über die ARAG hier im RSV-Blog. Dieser Versicherer verbraucht für die Regulierung des Versicherungsfalls wertvolle Ressourcen des Anwalte, die dieser wesentlich sinnvoller einsetzen könnte bei der Vertretung und Verteidigung seines Mandanten. Aber daran scheint die ARAG kein Interesse zu haben.
Kann man diesen erhöhten Aufwand aufgrund unberechtigten Diskussionsbedarfs seitens der Versicherer nicht ersetzt verlangen?
Da genau liegt das Problem.
Der Anwalt, der die Deckungszusage für seinen Mandanten einholt, die Korrespondenz mit dem Versicherer führt und am Ende mit ihm direkt abrechnet, leistet seinem Mandanten eine „Regulierungshilfe“. Das ist ein eigenes Mandat, für das er grundsätzlich auch von seinem Mandanten ein Honorar verlangen kann.
In den meisten Fällen geht diese Regulierungshilfe jedoch „auf’s Haus“; d.h. der Anwalt liefert seinem Mandanten diesen Service kostenlos. Das ist ein guter Brauch, der sich eigentlich seit Jahrzehnten bewährt hat.
Wenn nun ein Sachbearbeiter diskutieren möchte, zahlreiche Nachfragen hat und viele Unterlagen verlangt, wird dieser Service irgendwann einmal lästig. Und wenn sich das – wie z.B. bei der ARAG – ständig wiederholt, geht der Anwalt dann dazu über, den Versicherungsnehmern dieser Unternehmen den Service nicht mehr zu liefern. Auch nicht gegen Berechnung.
Dann wird sich der Mandant selbst um die Deckungszusage und alles andere kümmern müssen. (Das ist übrigens bei den privat versicherten Patienten von Ärzten der übliche Weg; Ärzte sind in dieser Hinsicht nicht so kulant wie Anwälte. 😉 )
Wenn der Mandant dann an einen Versicherer wie die ARAG geraten ist, wird er sehr bald merken, welche Laus er sich da selbst in den Pelz gesetzt hat. Und dann dem Anwalt die Frage stellen, welche seriösen Versicherer er empfehlen könne.
Danke für die gute Erläuterung der Rechtslage und Praxissituation.
Sollte der Anwalt Regulierungshilfe aufgrund übermäßig großen Aufwands bei einigen Versicherern dem Mandanten nicht mehr anbieten, trägt natürlich oftmals dieser das praktische Risiko, dass sein Antrag auf Rechtsschutz abgelehnt wird, weil er ihn bspw. nicht korrekt begründet hat etc.
Folglich wäre es nur hilfreich, wenn jeder Anwalt jedem RSV-Mandanten sogleich beim ersten Gespräch mitteilt, welche RSV nach seinen und den Markt-Erfahrungen am geeignetsten ist und welche er und Kollegen gar nicht empfehlen können und würden. Hierzu wären vielleicht auch unabhängige Rankings hilfreich, evtl. in blogs?
Ich bin dazu übergegangen, Mandanten mit ARAG Rechtsschutz einen Vorschuss in angemessener Höhe abzuverlangen. Ich habe die letzten 10 Jahre dermaßen viele Zicken dieses Versicherers erlebt, dass ich das Spiel nicht mehr mitzuspielen bereit bin.
Gerade weil es Usus war/ist, die Deckungsanfrage so nebenbei mit zu erledigen, kann und will ich das bei der ARAG nicht mehr leisten.
Ich bin dazu übergegangen, Mandanten mit ARAG Rechtsschutz einen Vorschuss in angemessener Höhe abzuverlangen. Ich habe die letzten 10 Jahre dermaßen viele Zicken dieses Versicherers erlebt, dass ich das Spiel nicht mehr mitzuspielen bereit bin.
Gerade weil es Usus war/ist, die Deckungsanfrage so nebenbei mit zu erledigen, kann und will ich das bei der ARAG nicht mehr leisten.