Das hätte Max Liebermann ganz sicher auch dann gesagt, wenn er Anwalt gewesen und mit diesem Rechtsschutzversicherer zu tun gehabt hätte. Die Württembergische ist (nicht nur) in meinem Büro schon bisher bei der Regulierung stets unangenehm aufgefallen: Unnötige Korrespondenz und ungerechtfertigte Kürzungen der dorthin zur Erstattung eingereichten Rechnungen waren in Stuttgart schon bisher üblich. Der letzte hier bearbeitete Fall hat das Fass nun aber auch bei mir endgültig zum überlaufen gebracht:
Mein Mandant, Geschäftsführer einer GmbH, als solcher berufsbedingt ein Vielfahrer und privat auf zwei Rädern gerne auch einmal (zu) schnell unterwegs, gerät mit seinem Pkw innerorts in eine Geschwindigkeitskontrolle. Die amtliche Messungen bescheinigt ihm: 71 km/h, bereits nach Abzug der Toleranz. Nach Adam Riese und dem bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog ergibt das: 50,00 € Bußgeld sowie einen Punkt in Flensburg. Da das amtliche Messergebnis durchaus angreifbar erscheint (Lasermessung ohne Foto, viel befahrene Straße, reger Verkehr) beauftragt mich mein Mandant nach Erhalt des Anhörungsbogens der Bußgeldbehörde mit seiner Verteidigung.
Das traurige Spiel mit der Württembergische beginnt:
1. Akt:
Am 18.08.08 informiere ich die Württembergische per Telefax über meine Mandatierung, schildere den Tatvorwurf, füge meinen Meldeschriftsatz an die Bußgeldbehörde in Kopie bei und bitte formlos um überweisung eines Vorschusses in Höhe von 300,00 €.
2. Akt:
Am 20.08.08 antwortet die Württembergische mit der dort üblichen Textbausteinwüste und erklärt Kostenschutz für die Verteidigung im Bußgeldverfahren. Zu dem angeforderten Vorschuss teilt man mir allerdings lapidar mit:
“ Bitte übersenden Sie uns – sobald er vorliegt – den Bescheid, aus dem sich der Vorwurf ersehen lässt“…. „Auf den Vorschuss kommen wir sodann zurück“
3. Akt:
Am 16.09.2008 weise ich die Württembergische schriftlich darauf hin, dass der gegen meinen Mandanten erhobene Vorwurf bereits aus meinem ersten Schreiben ersichtlich ist.
Um es den Stuttgarter Sachbearbeitern leichter zu machen, nenne ich mit diesem Schreiben auch die im Bußgeldkatalog für einen solchen Verkehrsverstoß als Regelsanktionen benannten Rechtsfolgen.
Da der angeforderte Vorschuss bis dahin immer noch nicht eingegangen war, habe ich der Württembergische damit zugleich eine „ordentliche“ Vorschussrechnung in Kopie übersandt. Diese lautet auf 479,57 € und beinhaltet Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Zusatzgebühr für eine Verfahrens- erledigung ohne Hauptverhandlung (jeweils zu Mittelgebühren), sowie Aktenübersendungspauschale und Fotokopierkosten für die in der Zwischenzeit bei mir eingegangene Ermittlungsakte.
4. Akt
Den sparsamen Schwaben fällt daraufhin zur Begründung ihrer Zahlungsverweigerung für den bereits einen Monat zuvor angeforderten Vorschuss nur noch ungehöriges ein. Am 18.09.2008 schreibt man mir von dort:
“ Nach Vorlage des behördlichen Bescheides kommen wir auf den Vorschuss zurück. Wir benötigen den Nachweis, dass der Versicherungsfall eingetreten ist „.
Abgesehen davon, dass dieses Schreiben für die Sachbearbeitung des Schadenfalls inhaltlich voll – kommen wertlos war, weil der Württembergische bereits aus der Vorkorrespondenz sämtliche zur Prüfung des Versicherungsfalls notwendigen Informationen (Name des Versicherungsnehmers, Ver- sicherungsschein-Nummer, amtl. Kz. des Tatfahrzeugs, Tattag, Aktenzeichen der Bußgeldbehörde und Art des erhobenen Vorwurfs) vorlagen und Versicherungsschutz im Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht (sinnvoller Weise) nach den ARB bekanntlich auch schon vor Erlass eines Bußgeldbescheid besteht, war das Schreiben leider auch sonst wenig originell:
Wenn die Württembergische, durch die Versicherungsbedingungen in keiner Weise gedeckt, in ver- schrobenem Kanzleideutsch nur die „Vorlage des Bescheids einer Behörde“ als „Nachweis für den Ein- tritt des Versicherungsfalls“ anerkennen will, heißt das im Klartext nichts anderes, als dass die durch mich als Rechtsanwalt des Versicherten bis dahin gegebenen Informationen der Württembergische offensichtlich nicht ausreichend seriös erscheinen.
Eine derartige Unterstellung, schriftliche Angaben des Rechtsanwalts zum Vorliegen einer Schadenfalls könnten wohl aus der Luft gegriffen sein, hat mir allerdings noch kein anderer Rechtsschutzversicherer zugemutet. Insoweit ist die Württembergische tatsächlich einmalig.
5. Akt
Ich habe mich deswegen mit Schreiben vom 19.09.2008 noch einmal an den zuständigen Sachbe- arbeiter des Rechtsschutzversicherers gewandt, eine Abschrift dieses Schreibens zugleich aber auch an den Schadenleiter adressiert, um darauf hinzuweisen dass weder ich als Rechtsanwalt noch mein Mandant als Versicherungsnehmer sich derartige Unterstellungen weiter gefallen lassen werden. Auf die zur Zahlung des Vorschusses inzwischen längst gesetzte Frist wurde die Württembergische damit ebenso noch einmal hingewiesen, als auch darauf, dass ich ohne Einzahlung des Vorschusses keine weiteren Tätigkeiten als Verteidiger in der Sache entfalten werde. Auch in dieser Hinsicht unterscheide ich in meinem Büro nicht zwischen rechtsschutzversicherten Mandanten und solchen die sich die jährlichen Prämien für eine derartige Versicherung lieber sparen.
Man könnte meinen, dass auch das Informationsbedürfnis der Württembergische nach dieser Korres- pondenz ausreichend befriedigt sein müsste. Aber: Weit gefehlt, die Württembergische kann es nicht lassen.
6. Akt
Am 24.09.2008 geht auf meinem Geschäftskonto eine Zahlung der Württembergische ein, in Höhe von nur 270,00 €. Ein Anschreiben dazu hat die Württembergische allerdings weder mir noch meinem Man- danten gegönnt. Dem Verwendungszweck der überweisung auf dem Kontoauszug meines Geschäfts- kontos war dazu ebenfalls nichts zu entnehmen. Erst eine zusätzliche überprüfung des Zahlungs- eingangs per Online-Banking ergab, was die Württembergische sich bei dieser Zahlung gedacht haben wollte. Wörtlich:
“ Wir haben einen vorläufigen, uns derzeit nachvollziehbaren Vorschussbetrag angewiesen „.
Aha! Die Sachbearbeiter dieses Rechtsschutzversicherers sind also – zumindest „derzeit“ – nicht in der Lage, die mit Ihnen geführte Korrespondenz zu einem rechtlich einfach gelagerten Schadenfall nach- zuvollziehen. Das ist bedauerlich. Offenkundig besteht bei der Württembergische erheblicher Fort- bildungbedarf, wenn deren Sachbearbeiter die einfachsten Regeln der Schadenregulierung nicht beherrschen.
7. und letzter Akt:
Ich werde an den in Stuttgart notwendigen Fortbildungsmaßnahmen nicht weiter kostenfrei mitwirken. Meinen Mandanten habe ich auch über dieses Schreiben seiner Rechtsschutzversicherung informiert und zeitgleich die Konsequenzen aus diesem endgültig unerträglichen Regulierungsverhalten gezogen:
Das Almosen der Württembergische vom 24.09.2008 habe ich dorthin zurück überwiesen. Ich bin Gott sei Dank nicht bedürftig. Auch muss sich weder der Versicherte noch dessen Anwalt mit Teilzahlungen des Versicherers zufrieden geben.
Mit einem letzten Schreiben , dass ich bewusst einfach und klar formuliert habe, damit es auch in Stuttgart „nachvollzogen“ werden kann, habe ich zugleich jegliche weitere kostenlose Korrespondenz mit diesem Rechtsschutzversicherer abgelehnt.
Mein Arzt hatte mir nämlich dazu geraten, künftig von der Einnahme fester Mahlzeiten abzusehen, wenn noch Korrespondenz mit der Württembergische geführt werden muss. Auf solche Korrespondenz verzichte ich darum lieber ganz. Ich esse nämlich gern.
P.S. vom 06.10.2008:
Die Württembergische „hat verstanden“ und – immerhin noch vor dem Feiertag – reagiert, mit einem Schreiben an den Mandanten:
Ich bin erst einmal froh. Die Württembergische hat es verstanden:
Ich will tatsächlich nicht kooperieren, wenn der einzige Zweck der Rechtschutzkorrespondenz eine sinnlose und unbezahlte Beschäftigung meines Büros mit der Bearbeitung von Sonderwünschen aus Stuttgart sein soll.
Aber Achtung:
Die Württembergische hält derartige Weigerungen (noch) für „unüblich“ – es wird also wohl höchste Zeit das sich die Rechtsanwälte in breiter Front – systematisch – auch von den Stuttgartern derartigen Mumpitz bei der Schadenbearbeitung nicht mehr bieten lassen.
Sehr geehrter Herr Kollege,
eines verstehe ich nicht: wieso endet das nicht mit
„4. Akte
Heute habe ich Deckungsklage erhoben.“ ??
Mitfühlende Grüße
RAUG
Sehr geehrter Kollege,
meinem „Vorredner“ muss ich bedingt Recht geben. Bei mir hätte der Vorgang bereits beim 3. Akt sein Ende gehabt. Aber nicht in Form der Deckungsklage. Die muss der Mandant nämlich auf eigenes Risiko erheben und Sie benötigen hierfür ja eine Vollmacht von ihm.
Nein, und gerade am Samstag auf einer Rechtsschutz-Fortbildung nochmals bestätigt: Nach Ablehnung neue Akte anlegen „Mandant ./. WGV“ und Anwaltsvergütung als Verzugsschaden geltend machen. Die hierfür entstehenden (weiteren) Anwaltskosten inklusive. Damit bekommen Sie zweimal Geld und der WGV – Lernfähigkeit vorausgesetzt – wird das mit Ihnen kein zweites Mal versuchen. Argument: § 17 III ARB und Ihre vollständige „Anlieferung“ aller benötigter Daten. -> Fälligkeit des Leistungsanspruchs: laut BGH nach 2 – 3 Wochen, danach Verzug!!!
Alternative im Fall: RS meldet sich gar nicht (innerhalb der 2-3 Wochenfrist):
Nachfrist setzen und (eigene) Gebührenklage gegen den Mandanten androhen (tunlichst vorher mit dem Mandanten absprechen!!!), sowie darum bitten, dem Mandanten einen RA zur Verteidigung gegen die Gebührenklage zu benennen; nach Absprache verzichtet der Mandant „selbstverständlich“ auf sein Auswahlrecht!
Folge: neuer RS-Fall bei der WGV mit weiterem Kostenaufkommen
Erhebung der Deckungsklage wäre dagegen Haftungsfall für Sie…