Irgendwie habe ich das Gefühl, daß die ARAG meine Schreiben ungelesen abheftet. Anders ist jedenfalls die folgende Korrespondenz nicht zu erklären.
Im Bußgeldbescheid war der Schuldvorwurf nicht weiter konkretisiert. Mit dem Zweifelsgrundsatz war also davon auszugehen, daß meinem Mandanten lediglich Fahrlässigkeit zur Last gelegt wurde. Gleichwohl verurteilte ihn das Gericht wegen einer vorsätzlich begangenen Tat, allerdings ohne zuvor auf diese Änderung hinzuweisen. Es besteht Einigkeit in der Rechtsprechung, daß das Urteil allein wegen des fehlenden rechtlichen Hinweises keinen Bestand haben kann. Wenn ich nun bei der (im übrigen zulässigen) Rechtsbeschwerde keine formellen Fehler mache, wird das Kammergericht das Urteil des Amtsgerichts ganz sicher aufheben.
Ich habe wegen der knappen Frist sogleich die Rechtsbeschwerde eingelegt und die ARAG um die Erteilung der Deckungszusage für das Rechtsmittelverfahren gebeten und am 7.5.05 unter anderem geschrieben:
Das Urteil kann wegen Verletzung formellen und materiellen Rechts keinen Bestand haben. Ihr Versicherungsnehmer wurde ohne Hinweis auf die Änderung des rechtlichen Gesichtspunkts wegen einer vorsätzlich begangenen Ordnungswidrigkeit verurteilt, obwohl der Bußgeldbescheid noch von Fahrlässigkeit ausging.
In ihrem Brief vom 9.5.05 schreibt mir die ARAG:
… im Hinblick auf die beabsichtigte Rechtsmitteleinlegung bitten wir Sie noch um Mitteilung, mit welcher Begründung und mit welchen weiteren Beweismitteln Sie die ergangene Entscheidung für angreifbar halten.
Erfreulich ist ja, daß der Versicherer binnen zweier Tagen schon reagiert. Aber wenn der Sachbearbeiter dort sich nicht die Zeit nimmt, meine Post zu lesen, verwundert das Ergebnis des Schnellschusses schon nicht mehr.
Und überhaupt:
„Weitere Beweismittel“ in der Rechtsbeschwerde?? Ich werde das Gefühl nicht los, daß dort jemand in der Ausbildung nicht richtig aufgepaßt hat.
Vielleicht ist auch deswegen der Name des Sachbearbeiters nicht angegeben.
Was Sie hier schreiben, ist für mich nur sehr schwer nachvollziehbar.
Bei Ordnungswidrigkeiten wird nicht nach Fahrlässigkeit oder Vorsatz
unterschieden. Die Deckung wird grundsätzlich erteilt. Eine Prüfung nach Erfolgsaussichten ist bei Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren bei Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren absolut nicht die Praxis.
Ich will nicht ausschließen, dass Sie hier an einen „schlafenden Bearbeiter“
geraten sind, aber schon der Kontakt Ihres Mandanten mit seinem Außendienstmitarbeiter hätte dies sehr schnell geklärt. Im übrigen gibt es
bei der ARAG Schadensaußenstellen, wo Sie sehr schnell Hilfe finden Können.
In der Regel reicht ein Telefonanruf.
Unter http://www.ra-kotz.de/geschwindigkeit5.htm finden Sie nur ein Beispiel dafür, daß sehr wohl zu unterscheiden ist zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit – auch bei Ordnungswidrigkeiten.
Zutreffend ist allerdings – da haben Sie Recht -, daß bei OWi’en die Deckung für beide Schuldformen erteilt wird (anders als bei Strafsachen) und daß bei der Verteidigung im Vorverfahren und vor dem AG die Erfolgsaussichten nicht geprüft werden.
Sehr penibel achten die Versicherer aber auf die Frage der Erfolgsaussicht der (Zulassungs-)Rechtsbeschwerde. In dem von mir beschriebenen Fall ist der Erfolg wegen des überraschenden Wechsels der Schuldform aber nahezu garantiert. Umso ärgerlicher war die Rückfrage.
Sie haben grundsätzlich auch Recht, daß der von mir beschriebene Einzelfall durchaus auch durch ein Telefonat zu klären gewesen sein sollte. Gleichwohl möchte ich dem zweierlei entgegen halten.
Zum einem diesen Beitrag hier nebst Kommentaren:
https://rsv-blog.de/arag-verursacht-hohe-telefonkosten
Und zum anderen meine ich, daß es nicht meine Aufgabe ist, „schlafende Bearbeiter“ zu wecken. Der Versicherungnehmer bezahlt gutes Geld, dafür sollte er auch einen Anspruch haben auf gut ausgebildete, aufgeweckte Sachbearbeiter. 🙂
Schön, dass wir kommunizieren, Herr Rechtsanwalt. Sicher unterscheidet man bei Owièn nach Fahrlässigkeit und Vorsatz, ich meinte jedoch, dass es hinsichtlich der Eintrittspflicht eines Rechtsschutzversicherers bei Owièn keine Unterscheidung gibt.
Ich bin sofort bei Ihnen im Boot, dass es den Versicherungsnehmern zusteht, auf ausgeschlafene, engagierte Mitarbeiter zu treffen. Sicher haben Sie Recht, dass es nicht Ihre Aufgabe ist die Arbeit anderer zu tun oder „Schlafende“ zu wecken. Ich bin nur der Meinung, dass im Interesse des Mandanten oftmals der kürzere Weg, selbst wenn man ihn nicht gehen muss, der bessere ist. Nennen Sie mir ein Unternehmen oder auch nur eine Kanzlei, wo es keine falschen Entscheidungen gibt, wo immer richtig reagiert wird, wo es nur engagierte Mitarbeiter gibt. Ich bin seit 15 Jahren im Job und mein Grundsatz ist, dem Versicherungsnehmer bei der Lösung seines Problems zu helfen. Da setze ich mich auch schon mal mit Kollegen hinsichtlich der Eintrittspflicht auseinander und versuche eine Lösung zu finden. Ich greife auch zum Hörer und telefoniere mit Rechtsanwälten, wenn es Probleme gibt, denn auch Kunden beschweren sich über ihre Anwälte. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man gut zusammenarbeiten kann, wenn man sich respektiert und achtet. Da spielt es auch keine Rolle, ob das sozusagen „mein Bier“ ist oder nicht. Ebenso erhalte ich auch Anrufe von RA in meiner Bezirksdirektion, die sich
an mich wenden, und ich gehe sofort in die Spur. Viele Kunden rufen bei ihrem Außendienstmitarbeiter oder in der Bezirksdirektion an und wir klären die Deckung mit dem Schadenbüro schon vorab. Sicher ist es immer ärgerlich, wenn abgelehnt wird, obwohl Eintrittspflicht besteht oder wenn Rückfragen kommen, die eigentlich so nicht gestellt werden müssten oder Bearbeitungen zu lang dauern. Doch Sie finden Partner in der ARAG, auch ohne „teure Telefonkosten“ inkauf nehmen zu müssen.
Ihrem Rat folgend – insoweit besten Dank – habe ich soeben bei der ARAG angerufen. Unter der bereits reklamierten 0180-3 Nummer. Mir wurde das Urteil zugestellt und ich wollte beginnen, meinen Mandanten zu verteidigen.
Nachdem mich eine freundlich-weibliche Computerstimme begrüßt hat, ich mir den gesamten Text eines mit akzentuierten Worten vorgetragenen Auswahlmenüs angehört habe und dann dem Hinweis: „…dann drücken Sie die „Zwei““ gefolgt bin, habe ich noch eine gute Minute dem Freizeichen beim Tuten zugehört, um endlich mit einer lebenden Stimme zu sprechen: „Wie kann ich Ihnen helfen?“
Nach meiner entsprechenden Antwort teilte mir die Dame freundlich mit, die Deckungszusage für die Rechtsbeschwerde sei mit der Briefpost seit dem 3.6.05 an mich unterwegs. Heute ist der 9.5.05 und nur ganz selten verschwinden hier Briefe.
Ich nahm den Vorschlag der Telefondame an und bekam die Abschrift des Briefes ein paar Minuten später auf’s Fax. Die Deckungszusage wurde erteilt. Knapp einen Monat nach meiner Anfrage, zugegangen erst nach telefonischer Erinnerung eine weitere Woche später. Für derlei Umwege fehlt mir üblicherweise die Zeit.
Aber weil Sie mir so nett geschrieben hatten … 😉