Rechtsschutzversicherung muss Kosten für Klagen auf Hochschulzulassung übernehmen.
Ein Studienplatzbewerber hat gegen seinen Rechtsschutzversicherer einen Anspruch auf Deckungsschutz für Klagen gegen bis zu zehn Hochschulen auf Zulassung außerhalb des allgemeinen Zulassungsverfahrens, wenn er geltend macht, die Hochschulen hätten ihre tatsächlich vorhandenen Kapazitäten nicht hinreichend ausgeschöpft.
Dies hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle (OLG) mit Urteil vom 19. April 2007 (Aktenzeichen: 8 U 179/06) entschieden.
Der Sohn des Klägers hatte sich bei der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) um einen Studienplatz für Humanmedizin für das Wintersemester 2005/06 beworben. Er wurde abgelehnt, weil er den erforderlichen Notendurchschnitt und die Wartezeit nicht erfüllte. Daraufhin ersuchte er bei der Rechtsschutzversicherung seines Vaters um Deckungsschutz für Eilverfahren bei verschiedenen Verwaltungsgerichten gegen insgesamt 14 Universitäten (sog. Kapazitätsklageverfahren).
Die Kapazitäten werden jedes Jahr neu durch die Wissenschaftsministerien der Länder (in Bayern und Berlin durch die Hochschulen selbst) festgelegt. Erst im Rahmen des Gerichtsverfahrens werden die Berechnungskriterien der Hochschulen offengelegt. Deckt das Verwaltungsgericht weitere Kapazitäten auf, die nicht der ZVS gemeldet wurden, so verlost es die Studienplätze unter allen Bewerbern, die ein Eilverfahren betreiben.
Der Rechtsschutzversicherer hatte die Deckungszusage verweigert, weil der Sohn keinen Rechtsanspruch auf einen Studienplatz geltend mache. Es bestehe nur ein wirtschaftliches Interesse auf Teilnahme an dem Losverfahren. Außerdem seien die Erfolgsaussichten in Bezug auf die jeweiligen Hochschulen nicht dargelegt. Schließlich sei es mutwillig, 14 Hochschulen gleichzeitig zu verklagen.
Der 8. Zivilsenat des OLG hat der Berufung gegen das klagabweisende Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Juli 2006 (Aktenzeichen: 13 O 355/05) teilweise stattgegeben. Der Kläger mache einen grundrechtlichen Anspruch auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte geltend. Dieser darf nur durch ein Zulassungsverfahren beschränkt werden, wenn die vorhandenen Ausbildungskapazitäten ausgenutzt werden. Besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht, dass das Studienplatzpotential einer bestimmten Hochschule nicht ausgeschöpft wird, dann müsse die Rechtsschutzversicherung eintreten. Da die Berechnungsgrundlagen erst im Eilverfahren bekannt werden, reiche es aus, wenn der Kläger nachweist, dass die Hochschule die Kapazitäten in den Vorjahren nicht ausgeschöpft hat. Das Losverfahren diene lediglich der Realisierung des Zulassungsanspruchs. Das Risiko, dass sich bei einer einzigen Klage keine freien Kapazitäten ergeben oder der Bewerber bei der Verlosung nicht zum Zuge kommt, sei groß. Um seine Chancen auf einen Studienplatz zu erhöhen, dürfe der Kläger auch mehrere Hochschulen gleichzeitig in Anspruch nehmen. Unter Kostengesichtspunkten zieht der Senat die Grenze bei zehn Verfahren pro Semester.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Frage der Eintrittspflicht des Rechtsschutzversicherers in Kapazitätsklageverfahren bisher noch nicht abschließend geklärt ist.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle
Besten Dank für die übersendung an Herr Rechtsanwalt Dr. Robert Brehm, Frankfurt, dessen Kanzlei sich (auch) auf Nummerus-Clausus- und Studienplatz-Prozesse spezialisiert hat.