In jüngerer Zeit erhalten Rechtsanwält von der ARAG unaufgefordert Post. Zunächst wird dem Anwalt in wohlklingenden Worten mitgeteilt, daß sich die Versicherungsnehmer der ARAG mehrfach positiv über den Anwalt geäußert hätten. Sodann kommt der eigentliche Grund des Schreibens: Der Anwalt soll künftig auf einen Teil seiner ihm zustehenden Honorare verzichten. Dafür verspricht die ARAG dem Anwalt, ihm „eine angemessene Anzahl zusätzlicher Mandate“ zu vermitteln.
Wenn man sich in der Kollegenschaft umhört, läuft das darauf hinaus, daß der Anwalt zwar weniger Honorar berechnet, aber von der ARAG keine zusätzlichen Mandate vermittelt bekommt. Ich kenne jedenfalls keinen, der davon berichtet hat. Soweit das Versprechen der ARAG.
Rechtsanwalt Karl Witopil aus Albstadt kommentiert dieses unanständige Angebot zutreffend wie folgt:
Die Taktik der ARAG muss man eigentlich gar nicht kommentieren, wenn man sich nur auf dem RSV-Blog den Stellenwert dieses Unternehmens dort ansieht.
Wenn man schon mit irgendwelchen Gebührenvereinbarungen liebäugelt, warum dann nicht so:
ab Umsatz (netto) p.a. 20,000 Eu = 5%
ab Umsatz (netto) p.a. 40,000 Eu = 10%
ab Umsatz (netto) p.a. 80,000 Eu = 20%
Bei allen (und ich betone das Wort) seriösen Verbänden, die mir bisher untergekommen sind, wird den Mitgliedern auf die Stundensätze oder GW-Honorare ein pauschaler Abschlag von 5-15% gewährt, je nach Umsatz.
Wie kann denn dieser merkwürdige RSV in diesem Fall auf die Idee kommen, dass unsereins vor Ehrfurcht erstarrt, wenn er es mit einem ihrer RSV-Kunden zu tun bekommt, um sogleich auf einen ganzen Batzen gesetzlich abgesegneter Gebühren zu verzichten.
Seit wann laufen Gebührenvereinbarungen denn in einer Einbahnrichtung und wenn schon, warum dann zu Lasten des Leistungsträgers (merkwürdige betriebwirtschaftliche Betrachtungsweise). Der Gesetzgeber hat eine längst überfällige Gebührennovelle geschaffen, um die wirtschaftlichen Nachteile der Anwaltschaft auszugleichen. Doch seit dem 01.07.2004 befindet sich die Anwaltschaft in noch schwierigeren, wenn nicht gar in den schwierigsten, wirtschaftlichen Verhältnissen, als jemals zuvor (dies hat uns der 1. Senat des BVerfG -Papier- mit seiner jüngsten Entscheidung zum Prozeßkostenhilferecht deutlich -und in klaren Worten auch für die Justiz- bescheinigt). Nicht umsonst versucht die Versicherungswirtschaft unseren Stand an die Wand zu fahren, indem die Solidargemeinschaft geknackt wird. Auch die wissen längst, dass man keine Wellen schlägt, wenn einem das Wasser bis an die Oberkante Unterlippe reicht.
Was bildet sich dieser merkwürdige RSV denn ein? Dass unsere Mandanten nur deshalb zu uns kommen, weil sie zufällig Kunden der ARAG sind und unsereins von ARAGs Gnaden in den Kreis derer Rechtsanwälte aufgenommen wurden ??
Wo sind denn die Listen der sogenannten „unsere Anwälte“? Wann kann man mal so eine Liste der BRAK vorlegen ? Abhängigkeit oder Unabhängigkeit, das ist doch bei diesem Seilschaftenspiel die Frage. Es geht ausschließlich um Kohle und sonst um nix. Standesrecht, Organ der Rechtspflege, Unabhängigkeit – Lachnummern ?!?
Ganz Wichtiges spricht Karl Witopil da an: Die anwaltlich Unabhängigkeit. Dazu meine überlegung:
Wenn der Anwalt Mandate von einem Versicherer vermittelt bekommt, wird er sich natürlich darüber freuen. Deswegen möchte er den Versicherer auch bei Laune halten. Sind dann Entscheidungen zu treffen, die unter Umständen hohe Kosten nach sich ziehen könnten: Wessen Interessen vertritt er dann? Die seines Mandanten, dem er zu einem riskanten Rechtsmittel rät? Oder die des Versicherers, um eben das Kostenrisiko auszuschließen?
In meine Kanzlei kommen Mandanten, weil sie sich darauf verlassen können, daß ich sie unabhängig berate. Ich habe es nicht nötig, mich von Versicherern quasi „bestechen“ zu lassen, damit ich Mandate von ihnen bekomme. Das wäre Verrat am Mandanten und steht zu Recht unter Strafe.