Henning Wüst, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht aus 74847 Obrigheim, stellt dem RSV-Blog mit diesem Schreiben den nachfolgend komplett abgedruckten Textbaustein zur Verfügung. Die Readaktion bedankt sich für as Lob und die Mühe des Kollegen.
Werte Damen und Herren Kollegen,
das RSV-Blog ist immer wieder Balsam für die Anwaltsseele. Danke und ein dickes Lob.
Ich kann auch wirklich nur hoffen, dass viele potentielle Versicherungskunden sich hier vor dem Abschluss einer RSV kritisch informieren.
Als kleinen Beitrag eines Lesers übermittle ich untenstehend mein derzeitiges Musteranschreiben für die – ärgerlicherweise in meiner Kanzlei im Moment häufig vorkommenden – Kürzungen bei der VV 2400. Vielleicht ist das Muster als Veröffentlichung für Sie interessant. Bislang hat das Schreiben stets Wirkung gezeigt.
Kollegiale Grüsse aus Obrigheim
Und hier nun das Musterschreiben des Kollegen
„Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beziehe mich auf Ihr og. Schreiben in der vorgenannten Sache, das mich, vorsichtig ausgedrückt, sehr befremdet.
Dazu folgendes:
– 1. –
Der Gesetzgeber hat zur Gebühr nach VV 2400 ausgeführt:
„Der erweiterte Abgeltungsbereich der Geschäftsgebühr erfordert eine andere Einordnung der unterschiedlichen außergerichtlichen Vertretungsfälle in den zur Verfügung stehenden grösseren Gebührenrahmen. Dies führt zwangsläufig zu einer neuen Definition des „Normalfalls“. In durchschnittlichen Angelegenheiten ist grundsätzlich von der Mittelgebühr (1,5) auszugehen. In der Anmerkung soll jedoch bestimmt werden, dass der Rechtsanwalt eine Gebühr von mehr als 1,3 nur fordern kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Damit ist gemeint, dass Umfang oder Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegen. In anderen Fällen dürfte die „Schwellengebühr“ von 1,3 zur Regelgebühr werden. Eine nach Abwägung der unterschiedlichen Kriterien des § 14 I RVG in der Summe gänzlich durchschnittliche Angelegenheit würde also nur dann einen Gebührensatz von mehr als 1,3 (etwa in Höhe der Mittelgebühr 1,5) rechtfertigen, wenn die Tätigkeit des Anwalts im Hinblick auf Umfang oder Schwierigkeit über dem Durchschnitt liegt, dies jedoch allein in der Gesamtschau nach § 14 Abs. 1 RVG unberücksichtigt bleiben müsste, weil andere Merkmale vergleichsweise unterdurchschnittlich ins Gewicht fallen. Ist eine Sache danach schwierig oder umfangreich, steht eine Ausnutzung des Gebührenrahmens unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 RVG (bis zum 2,5fachen der Gebühr) im billigen Ermessen des Anwalts. Sind auch Umfang und Schwierigkeit der Sache jedoch nur von durchschnittlicher Natur, verbleibt es bei der Regelgebühr (1,3).“ – BT-Drs. 15/1971 S. 207 –
Ich verweise im übrigen auf meine Kommentierung in Burchardt/Wüst, RVG – der kommentierte überblick, 1. Auflage, 2004 (ISBN 3-932097-16-5).
– 2. –
a.) Vorliegend handelt es sich um einen in jeglicher Hinsicht durchschnittlichen Fall. Es wurde eine gut 45-minütige persönliche Besprechung geführt, in der alle fraglichen Aspekte des Falles und auch auf die Art und Weise einer gerichtlichen Durchsetzung erörtert wurden. Sodann wurde die Gegenseite angeschrieben. In einer weiteren telefonischen Besprechung wurde sodann besprochen, einstweilen von einer gerichtlichen Geltendmachung abgesehen (wodurch Sie weitere Kosten gespart haben). Also ergibt sich zwingend ein Gebürenansatz in Höhe von 1,3.
b.) Indem Sie nun eine – zudem den Begriff des Normalfalles verkennende – Abwägung im Rahmen von § 14 RVG vornehmen – wollen Sie faktisch eine Begrenzung des gesetzlichen Gebührenrahmens vornehmen. Vom anwaltlichen Ermessensspielraum bei der Abwägung der Kriterien des § 14 RVG soll in diesenm Zusammenhang noch gar keine Rede sein.
c.) Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten kann ich Ihr Ansinnen durchaus verstehen. Aus anwaltlicher Sicht, ist ein solches Verhalten aber auf das Schärfste zu verurteilen. Die gesetzlichen Vorschriften des RVG und des VV sind nun einmal zwingend.
d.) Die Konsequenz Ihrer Verweigerungshaltung liegt doch darin, dass die unberechtigterweise nicht erstatteten Gebührenteile der Mandantschaft in Rechnung gestellt werden. Dadurch kann es zu Deckungsprozessen kommen.
Im übrigen schädigen Sie durch Ihr Verhalten den bislang sehr guten Ruf Ihrer Versicherung. Denn Anwälte werden bisweilen auch nach „guten und empfehlenswerten“ Rechtsschutzversicherern gefragt. Eine Versicherung, die versucht das Vergütunbgsrecht zu untrlaufen kann aus anwaltlicher Sicht wohl kaum als empfehlenswert bezeichnet werden.
Die Argumente des Kollegen überzeugen. Es ist nur bedauerlich, daß ein Anwalt sich Mühen in diesem Umfang machen muß, um eine Versicherungsleistung zu erhalten, auf die der Versicherungsnehmer durch seine Prämienzahlungen einen verbindlichen Anspruch hat.
Nota bene: Diese Mühen erbringen wir Anwälte in aller Regel ohne Gegenleistung.