Es geht um die Umsatzsteuer auf das Verteidigerhonorar. Der Versicherungsnehmer ist selbständiger Unternehmer. Das Fahrzeug gehört zum Betriebsvermögen. Mit diesem Fahrzeug soll er eine Ordnungswidrigkeit begangen haben. Um sich gegen diesen Vorwurf zu verteidigen, beauftragt er einen Strafverteidiger.
Dieser Verteidiger schreibt am Ende eine Rechnung über sein Honorar, das der Rechtsschutzversicherer zu erstatten hat. Der Versicherer erstattet alles, nur nicht die Umsatzsteuer auf das Honorar. Weil der Versicherungsnehmer eben Unternehmer sei.
Nun schreibt der Verteidiger an den Versicherer, daß die Verteidigerkosten keine Betriebsausgaben sind, da die Ordnungswidrigkeit einen nicht betriebsbezogenen Individualverstoß darstellt. Somit bekommt der Unternehmer die an den Verteidiger gezahlte Umsatzsteuer auch vom Finanzamt nicht zurück. Mithin hat der Versicherer auch diese Kosten zu erstatten.
Das erklärt der Verteidiger dem Versicherer lang und breit; bezieht sich dabei auszugsweise auf Wortlaut der R 4.13 zu § 4 EStG der EStR 2005. Also auf eine Richtline aus dem Jahre 2005. Nicht ganz frisch, wenn man die Update-Frequenzen der Steuerrichtlinien kennt, aber immerhin noch keine zwei Jahre alt. Zudem wird noch eine Gerichtsentscheidung aus dem Jahr 1997 zitiert und das Ganze mit einem Beleg aus dem aktuellen Standardkommentar zum Rechtsschutzversicherungsrecht garniert.
Das alles bekommt nun der Schadenssachbearbeiter des Versicherers, Herr H, auf den Tisch. Herr H ist schon länger bei dem Versicherer beschäftigt. Deswegen hat er für das, was der Anwalt da von ihm verlangt (die ungekürzte Versicherungsleistung) auch ein lang erprobtes Gegenmittelchen. Einen Textbaustein:
Wenn eine einem Bußgeldverfahren zugrunde liegende Tat in Ausübung der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeil begangen wurde, sind die für die Verteidigung entstandenen Kosten abziehbare Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Dies gilt auch dann, wenn die Sanktion selbst nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 8 EStG vom Abzug ausgeschlossen ist. BFH vom 19.2.1982, BStBl II S. 467 sowie ZRP 1984, 105.
Aha. Der Bundesfinanzhof also. Im Jahre 1982.
Bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1982 in Spanien gewinnt im Finale Italien mit 3:1 gegen Deutschland. Die Italienische Fußballnationalmannschaft wird so zum dritten Mal Weltmeister. (Wikipedia)
Das war vor 25 Jahren. Zu einer Zeit also, als ich gerade meinen Zivildienst abgeleistet und noch keinen Gedanken an ein Jurastudium verschwendet habe. Mit dieser prähistorischen Argumentation aus dem steuerrechtlichen Pleistozän versucht Herr H das aktuelle Steuerrecht aus den Angeln heben, um einen Teil der Versicherungsleistung zu sparen.
Einen Teil, wohlgemerkt. Da ist sie wieder, die Salamitaktik: Der Verteidiger bzw. der Versicherungsnehmer wird schon nicht wegen eines Kleinbetrages klagen wollen.
Herr H ist nach eigenem Bekunden Leser des RSV-Blog. Dort will er irgendwann einmal einen Fehler entdeckt haben. Ich bin sicher, er liest diesen Beitrag auch. Und er wird die Botschaft verstehen, die ich damit – auch an seine Vorgesetzte – sende. Vielleicht findet er nun noch einen Fehler.
Nur am Rande: Der Aktenteil, der die (nicht vergütete) Korrespondenz in diesem Mandat mit diesem Rechtsschutzversicherer erfaßt, hat bis heute den Umfang von 55 Seiten. Es ging um eine Verteidigung in einem Bußgeldverfahren – nicht um den Untreuevorwurf gegen den Chef eine großen deutschen Bank.
Welcher Versicherer das ist, verrate ich nicht. Noch nicht.