Wir möchten für unseren Mandanten Klage erheben. Er beansprucht unter anderem Schmerzensgeld aus einen Verkehrsunfall. Für das Klageverfahren haben wir bei der ARAG die Deckungszusage erbeten. Daß eine Deckungsanfrage bei der ARAG mal glatt durchgeht, ist eher die Ausnahme. Erwartungsgemäß mäkelt die ARAG – in Gestalt einer Frau Assessorin W. – auch an einem unserer Klageanträge herum.
Um diesen Antrag scheint es der Versicherungsjuristin zu gehen:
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, wobei das Schmerzensgeld einen Mindestbetrag in Höhe von 12.000,00 Euro abzüglich vorge-richtlich bereits gezahlter 3.000,00 Euro, mithin also noch 9.000,00 Euro nicht unterschreiten sollte.
Folgende verstandesferne Argumentation liefert die ARAG-Juristin:
Die Dame möchte also, daß unser Mandant – also derjenige, der teure Prämien an die ARAG gezahlt hat – das Risiko trägt, daß der Richter eine Entscheidung trifft, die dann nicht mehr angreifbar ist. Frau Assessorin W. stellt sich vermutlich so einen Klageantrag vor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen.
Wenn jetzt der Richter meint, sein Ermessen in Höhe von – sagenwirmal – 100 Euro ausüben zu müssen, wird der Mandant in die Röhre schauen. Ein Rechtsmittel gegen diese richterliche Ermessensausübung steht ihm nicht zur Verfügung – jedenfalls keines mit Erfolgsaussicht.
Grundsätzlich kann man einen Antrag, so wie ihn sich Frau Ass.W. vorstellt, zwar stellen; irgendwo muss und sollte man aber die Mindestvorstellung beziffern (sagt der BGH). Man kann das auch in der Klagebegründung tun, allerdings macht es für das Unterliegen/Obsiegen keinen Unterschied, ob das klar und deutlich in Zahlen vorn im Antrag steht oder hinten in der Begründung. Da hinten könnte man es im schlimmsten Fall noch übersehen.
Wenn man jedoch überhaupt keine Mindestvorstellung reinschreibt und das Gericht spricht dann die besagten 100 Euro zu, dann hat nicht nur der Mandant ein Riesen-Problem, sondern auch noch sein Prozeßbevollmächtigter.
Ich unterstelle dieser Frau W. zunächst mal keine Böswilligkeit. Aber mit sinnvollen Klageanträgen kennt sie sich wohl eher nicht aus. Deswegen sei die Frage gestattet, warum der Versicherer solche Leute mit Sachen beschäftigt, von denen sie nichts verstehen. Aber vielleicht geizt die ARAG ja nicht nur mit der Versicherungsleistung, sondern auch bei der Bezahlung seiner Mitarbeiter. Dann kann das aber ja auch nichts werden. Qualität kostet eben. Und was nichts kostet …
Und die Frage, woher eine Juristin, die es mal eben zur Sachbearbeiterin bei der ARAG geschafft hat, die Chuzpe nimmt, uns vorschreiben zu wollen, wie wir eine Klage zu schreiben haben, stelle ich hier jetzt nicht.
Wir werden uns nun den Auftrag vom Mandanten abholen, Klage gegen die ARAG zu erheben und in der Begründung dieser Assessorin W. dann eine Nachhilfestunde liefern. Die Kosten für die Deckungsklage wird die ARAG dann hoffentlich nicht vom spärlichen Gehalt dieser gebeutelten Sachbearbeiterin abziehen. Und: Der Mandant wird sich anschließend einen seriösen Versicherer suchen.